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Grell, aber zäh: Almodovar-Adaption im Volkstheater

Ulli Maier als "Manuela"und Marcello de Nardo (l.) als "Agrado"
Ulli Maier als "Manuela"und Marcello de Nardo (l.) als "Agrado" ©APA
Wer bekannte Filme sehen will, der kann in Wien derzeit getrost auch ins Theater gehen. Am Sonntag kam die Bühnenversion von Pedro Almodovars Oscar-prämiertem Streifen "Alles über meine Mutter" (1999) im Volkstheater zur Deutschsprachigen Erstaufführung. Die grelle Story wurde in der Regie von Antoine Uitdehaag jedoch zu einer zähen Angelegenheit.

An Marcello de Nardo liegt das nicht. Denn Männer in Frauenkleidern scheinen derzeit ein echter Erfolgsgarant zu sein. Fegten in “Manche mögen’s heiß” Martin Niedermair und Boris Pfeifer als Mitglieder einer Frauenband mit Verve über die Bühne, ist auch de Nardo als Transvestit Agrado mit Stöckelschuhen, engen Kostümen, falschen Brüsten und echten Gefühlen absolut sehenswert. Doch ist in dem schrillen Treiben rund um zwei Transsexuelle, einen bei einem Autounfall gestorbenen jungen Mann, eine schwangere Nonne und eine lesbische Filmdiva auch noch so häufig von Lutschen und Blasen die Rede – die Aufführung kriegt den Arsch nicht wirklich hoch (um in dem auf der Bühne angeschlagenen Jargon zu bleiben).

Uitdehaag, der in der Vergangenheit mit “Wer hat Angst vor Virginia Woolf” oder Yasmina Rezas “Ein spanisches Stück” überzeugen konnte, musste 35 Szenen, jede Menge Figuren sowie mehrere Zeit- und Handlungsebenen unter einen Hut bringen. Die Drehbühne, auf die Martin Kukulies ein hässliches Multifunktionsgebäude aus Metallstangen errichtet hat, ist immer wieder in Bewegung, und doch scheint nichts weiter zu gehen. Auch die immer wieder eingebauten “Endstation Sehnsucht”-Szenen erweisen sich als Sand im Getriebe. Beim bleischweren Versuch, den Tiefgang in mütterlichen, schwesterlichen und sonstigen Gefühlen ordentlich auszuloten, geht viel Atmosphäre und Zeit verloren.

Nach drei Stunden gab es schließlich zu Recht viel Beifall für de Nardo und Maria Bill, die als alternder Schauspielstar Huma Rojo souverän zwischen Lebenslust und Todesangst balanciert. Auch Ulli Maier, deren um ihren Sohn trauernde Manuela zu viel tragisches Pathos ins Spiel bringt, Katharina Vötter, Vera Borek, Simon Mantei, Andrea Bröderbauer und andere durften sich über Zustimmung des Premierenpublikums freuen. Uitdehaag und seinem Team wurde dagegen höflich, doch nicht eben euphorisch applaudiert. “Almodovar lehrt uns, dass die Liebe das wichtigste ist”, hatte der Regisseur die Botschaft des Abends vor der Premiere zusammengefasst. Es wäre einen Versuch wert gewesen, das auf der Bühne ebenso kurz und prägnant zu sagen.

“Alles über meine Mutter” (“Todo sobre mi madre”)
Stück von Samuel Adamson nach dem gleichnamigen Film von Pedro Almodóvar. Deutschsprachige Erstaufführung, Volkstheater Wien.
Weitere Termine im September: 12., 13., 15., 18. 22., 23., 24., 27., 29. und 30. September.
Karten unter der Tel. (01) 52111-400, http://www.volkstheater.at

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