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"Grüß Gott! Ich bin der Bankräuber!"

500 Hochzeitsgäste, aber kein Geld: Weil er seiner Familie die Schande ersparen wollte, das Fest aus Kostengründen platzen zu lassen, wurde ein 36-Jähriger zum Bankräuber.

Der Coup verlief erfolgreich. Also suchte der Mann dieselbe Filiale mit gezückter Gaspistole noch einmal heim, als seine Ehefrau eine neue, größere Wohnung begehrte. Heute, Dienstag, hatte er sich wegen insgesamt vier Banküberfällen im Wiener Straflandesgericht zu verantworten.

“Eine Hochzeitszeremonie kostet bei uns viel Geld”, seufzte der aus der Türkei stammende Angeklagte. 500 Gäste wollten er bzw. sein Vater dabeihaben. Doch als der Termin näher rückte, sprangen plötzlich sämtliche Freunde und Verwandte ab, die ihm ursprünglich versprochen hatten, mit dem nötigen Baren beizustehen.

“Ich war verzweifelt. Es waren ja schon alle Einladungsbriefe verschickt! Ich wollte keinen Skandal auslösen”, berichtete der 36-Jährige den Geschworenen. In seiner Not habe er sich zu einem Bankraub entschlossen: “Die Idee hatte ich von den Medien. Jeden zweiten Tag habe ich in der Zeitung von Banküberfällen gelesen.”

Mit einer Gaspistole bewaffnet und einer Staubmaske und Sonnenbrillen maskiert, marschierte der Mann am 19. März 2007 – drei Tage vor seiner Hochzeit – in die Filiale der Dornbirner Sparkasse in der Wiener Innenstadt. Er erbeutete 13.000 Euro. Da ihm jedoch beim Betreten der Zweigstelle die Brillen angelaufen waren und er absolut nichts sah, musste er seine Maskierung abnehmen und befürchten, anhand der Fotos aus der Überwachungskamera identifizierbar zu sein.

Also rief er wenige Minuten nach dem Überfall aus einer Telefonzelle in der Bank an und erklärte einer Angestellten, die soeben einem Polizisten den Sachverhalt geschildert hatte: “Grüß Gott! Ich bin der Bankräuber! Schade, Sie haben mir zu wenig Geld gegeben! Ich bin angefressen. Ich werde Euch zeigen, wer der Chef ist! Ich werde Euch abknallen, wenn Ihr die Bilder aus der Überwachungskamera der Polizei gebt!”

Die geschockte Angestellte brach in Tränen aus und musste unter Polizeischutz nach Hause gebracht werden. “Ich hab’ die mafiöse Art doch nur inszeniert, dass sie Angst kriegen und das Bild nicht in der Zeitung landet”, ersuchte der Räuber nun im Verständnis.

Obwohl er am nächsten Morgen in mehreren Tageszeitungen zu sehen war, wurde er von keinem Leser als der gesuchte Täter erkannt. Der 36-Jährige konnte daher in gebührendem Rahmen seine Hochzeit feiern. Doch Wochen später beklagte sich seine Frau über die bescheidene Wohnung: “Sie war erschüttert, dass meine Garconniere so klein war. Sie war deswegen immer deprimiert.”

Folglich “beehrte” er am 23. August 2007 wieder die Dornbirner Sparkasse, wobei er diesmal einer Bankangestellten die Gaspistole sogar gegen den Hals drückte und Geld verlangte: “Was hätte ich tun sollen? Ich war frisch verheiratet! Ich habe immer versucht, meine geliebten Menschen glücklich zu machen!”

Mit den 8.000 Euro, die ihm überreicht wurden, eilte der Räuber sogleich zur Hausverwaltung, bei der er eine 70 Quadratmeter-Bleibe am Stadtrand angemietet hatte, und bezahlte die Kaution, die Maklerprovision und die erste Monatsmiete.

Bankraub Nummer drei ging am 9. November 2007 über die Bühne. Mit der Beute von 51.000 Euro kaufte sich der Angestellte, der monatlich 1.200 Euro verdiente, ein neues Auto.

Wirklich ausgezahlt hätte sich der Überfall, den er am 20. August 2008 auf die Hypo Tirol Bank in der Wiener City verübte. Nicht weniger als 275.000 Euro fielen ihm in die Hände. Doch mit dem Reichtum kam er nicht weit: Ein aufmerksamer Zeitungsverkäufer hatte beobachtet, wie der Maskierte die Filiale betrat. Als dieser wieder ins Freie kam, nahm er die Verfolgung auf. Zufällig sah der Kolporteur an der nächsten Ecke einen Uniformierten und ersuchte den Polizisten, den Bankräuber, der wenige Meter vor ihm in der Menschenmenge unterzutauchen bestrebt war, festzunehmen.

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