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Giacomo Puccinis "Fanciulla" wurde an der Wiener Staatsoper umjubelt

Puccinis "Fanciulla" an der Staatsoper
Puccinis "Fanciulla" an der Staatsoper ©APA/HANS KLAUS TECHT
Große Oper statt Bonanza in Wien: Nur wenige Opern der großen Komponisten haben mit derart großen Vorurteilen zu kämpfen wie Giacomo Puccinis 1910 uraufgeführte Western-Oper "La Fanciulla del West".
Bilder aus der Oper

Lässt sich das Publikum etwa bei “Madama Butterfly” widerspruchslos nach Japan entführen, fällt der emotionale Ritt in den Wilden Westen offensichtlich deutlich schwerer. Das dem in keiner Weise so sein muss, bewies am Samstagabend die Wiener Staatsoper mit einer umjubelten Neuinszenierung durch Marco Arturo Marelli und einem überragenden Sängerensemble.

Puccinis “Fanciulla” an der Staatsoper

25 Jahre war im Haus am Ring das Spätwerk Puccinis nicht mehr gespielt worden, das im Gegensatz zu seinen früheren Stücken keine Gassenhauser, sprich populäre Arien enthält. Mit einer fast impressionistischen Instrumentierung und einer atmosphärischen Gestaltung, in der Puccini laut Heinrich Mann anfängt, “herb und ungefällig” zu werden, positioniert sich “Fanciulla” als besonderes Werk im Oeuvre des Italieners. Auch greift der Komponist in seiner “amerikanischen” Oper in Harmonik und Melodieführung auf amerikanische Vorlagen zurück.

Diese starke Partitur setzte am Pult Franz Welser-Möst mit einem zupackenden Duktus um, der Erich Wolfgang Korngold die Freudentränen in die Augen getrieben hätte. Allerdings pochte der Generalmusikdirektor dabei etwas zu sehr auf der in der Oper angelegten hohen Autonomie des Orchesters vom Gesang. So nahm er mit dem Staatsopernorchester wenig Rücksicht auf die Sänger, was bei der Topbesetzung Nina Stemme, Jonas Kaufmann und Tomasz Konieczny kein Problem darstellte. Die Nebenrollen wie etwa der Nick von Norbert Ernst drangen dadurch jedoch kaum in den Zuschauerraum durch und waren bisweilen nur an den Lippenbewegungen als singend erkennbar.

Großartige Leistungen des Ensembles

Eine fast schon gewohnt herausragende Leistung bot hingegen Jonas Kaufmann mit markantem Schmelz in stets großer Sicherheit bei seiner ersten Premiere an der Staatsoper als Liebhaber und Gangster Dick Johnson – und das auch noch bei seinem persönlichen Rollendebüt. Ihm zur Seite die schwedische Ausnahmesopranistin und Wagner-Spezialistin Nina Stemme als Barfrau Minnie, die von Kostümbildnerin Dagmar Niefind im ersten Akt wie Karlsson vom Dach angezogen wurde und sich dazu passend trittsicher in der Höhe erwies. Tomasz Konieczny komplettierte das Trio der Hauptpartien als polternder und doch an seiner unerwiderten Liebe zu Minnie leidender Sheriff Jack Rance mit seinem ebenfalls am Wagner-Fach geschulten, tragenden Bassbariton.

Sie wurden von Marco Arturo Marelli – gewohnt in Personalunion für Regie, Bühnenbild und Licht zuständig – in einer angenehm entstaubten, wenn auch etwas statischen Szenerie positioniert, die das kalifornische Goldgräberlager zum zeitlosen Containerdorf mit drei Spielebenen transformiert und Minnies Hütte zum schneeumtosten Wohncontainer. Marelli nimmt der “Fanciulla” die Momente der Lächerlichkeit, die das Sujet des Westerns auf der Opernbühne nach Jahrzehnten von John Wayne bis Bonanza unverschuldet als Gepäck aufgebürdet bekam. Da kann er sich dann sogar einen Abschlussgag erlauben, wenn die Apotheose von Dick und Minnie am Ende mittels Abfahrt im Heißluftballon inszeniert ist.

(APA)

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