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Gewaltvideos am Handy auch bei uns

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Das Zeigen und der Tausch von realen Gewaltvideos auf dem Handy dürften auch in Österreich bereits weit verbreitet sein.

Bei einem Workshop an einer oberösterreichischen Schule hatten etwa drei Viertel der Teilnehmer derartige Aufnahmen schon gesehen oder besessen, erklärte Sozialpädagoge Alexander Unterberger im APA-Gespräch. Diskutiert werden die Ergebnisse des Projekts in den nächsten Tagen bei einer Veranstaltung der mobilkom austria. Ein Kinder- und Jugendanwalt sowie ein Medienpsychologe sprechen dort gemeinsam mit Eltern und Jugendlichen über das Thema.

In den „Happy Slapping“-Videos („fröhliches Schlagen“) werden Raufereien, Mord oder Vergewaltigungen gezeigt. Gekannt haben die Schüler vor allem Schlägereien, berichtete Unterberger. Besonders grausame Aufnahmen – reale Kriegsszenen, in denen Menschen getötet werden – sind weniger verbreitet. Das Zeigen von brutalen Aufnahmen scheint dabei vorwiegend ein Männer-Thema zu sein. Während Buben eher amüsiert sind, reagieren Mädchen meist sehr betroffen, weiß der Experte.

Zu denken geben die Aussagen der Schüler nach dem Sehen eines Gewaltvideos beim Workshop. Der Großteil kann keine realen Gefühle schildern, so der Experte. „Das war geil!“ oder „Das war cool, Mann“ – so die Aussagen der Jugendlichen. Auf die Frage nach ihrem Befinden geben sie nur eintönige Antworten wie schlecht oder gut. „Ich bin einiges gewohnt, aber das hat sogar mich erschreckt“, meinte der Experte.

Erstaunt hat den Pädagogen der Unterschied zwischen „normalen“ und verhaltensauffälligen Jugendlichen. Beide kennen „Happy Slapping“-Videos. Kursieren dürften sie aber vor allem in der ersten Gruppe, in der reale Gewalt kein alltägliches Thema ist. Bei Jugendlichen aus einem gewalttätigen Umfeld ist die Verbreitung eher unüblich. Ihr Aussage zu dem Thema: „Wer solche Aufnahmen cool findet, hat sich selbst sicher noch nie in einer solchen Situation befunden.“

Einen möglichen Grund für die Beliebtheit der Handy-Videos sieht Unterberger in der heutigen Zeit. „Man hat zu funktionieren – egal wie es einem gerade geht.“ Nicht nur bei Jugendlichen, auch bei Erwachsenen nehme der Ausdruck von Gefühlen immer mehr ab. So sei zum Beispiel in der Pubertät eine „emotionale“ Rebellion gegen die Eltern wichtig, erklärte der Experte. Diese finde allerdings immer weniger statt.

Ob durch die brutalen Videos auch die reale Gewaltbereitschaft zunehme, könne man so nicht sagen, meinte Untersberger. Es mache Gewaltbereitschaft aber auf jeden Fall zu einer Prestige-Sache und erzeugt eine gewisse Taub- und Blindheit gegenüber Brutalität.

Handy-Verbote oder Ähnliches hält der Pädagoge nicht für sinnvoll. „Etwas zu verbieten ist die beste Möglichkeit, um den Status zu heben“, sagte Untersberger. Eltern und Lehrer müssten sich vielmehr mit dem Thema auseinander setzen, die Gewaltvideos ansehen und mit Jugendlichen darüber sprechen. Nur so kann vermittelt werden, dass es um reale Menschen mit Gefühlen geht – denn genau das gehe zunehmend verloren. Die Schüler konsumierten die Aufnahmen wie einen Film a la Jackass und Rambo.

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