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Gewaltsame Proteste bei Wahl in Algerien

Die erste Parlamentswahl in Algerien seit mehr als zehn Jahren ist von gewaltsamen Protesten überschattet worden. Mit der Wahl soll die Demokratie stabilisiert werden.

Bis zum Mittag gaben nur knapp zwölf Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. In der Berberregion Kabylei, wo es zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei kam, waren es nur zwei Prozent. Für viele Bürger stand der Wahlsieger bereits ohnehin fest: die regierende Koalition aus Nationaler Befreiungsfront (FLN) und Nationaldemokratischer Sammlungsbewegung.

Die Regierung hofft, mit der Wahl die Demokratie stabilisieren und Ruhe in das Land bringen zu können. Wenige Stunden vor Öffnung der Wahllokale am Morgen wurden jedoch erneut 23 Menschen bei einem Massaker getötet, wie die amtliche Nachrichtenagentur APS berichtete. Die Nomaden seien in einem rund 200 Kilometer westlich von Algier gelegenen Dorf von Extremisten überfallen worden.

Um die 380 Sitze in der Abgeordnetenkammer bewarben sich Kandidaten von 23 Parteien. Aus grundlegender Opposition zur Regierung in Algier hatten jedoch die beiden größten Parteien der Berber im Atlasgebirge, die Front der Sozialistischen Kräfte (FFS) und die Sammlungsbewegung für Kultur und Demokratie (RCD), ihre Anhänger zum Boykott der Wahl und zu Streiks aufgerufen.

Hunderte Menschen protestierten am Donnerstag in der Kabylei gegen die Regierung und warfen Steine auf die Wahllokale. Die Polizei setzte Tränengas ein, um die Demonstrationen aufzulösen. Seit mehr als einem Jahr fordern die Berber mehr Rechte für ihre Volksgruppe und Demokratie. Geschürt wird der Protest durch steigende Arbeitslosigkeit, wachsende Wohnungsnot, Wasserknappheit und Korruption in Regierungskreisen.

Nach Umfragen wurde insgesamt eine Wahlbeteiligung von nicht mehr als 62 Prozent der 17 Millionen Stimmberechtigten erwartet. Auch die Wahlen würden ihnen kein fließendes Wasser bringen, begründete der Bahningenieur Mohand Ghouat aus Algier seine Enthaltung. In Algier wurden die Sicherheitsmaßnahmen massiv verschärft und Kontrollposten an den Hauptzufahrtsstraßen errichtet.

Die letzte Parlamentswahl in Algerien vor mehr als zehn Jahren war wegen des drohenden Sieges der fundamentalistischen Islamischen Heilsfront (FIS) abgebrochen worden. Seitdem hat ein blutiger Bürgerkrieg rund 120.000 Menschen das Leben gekostet.

Die Wahllokale sollten um 21.00 Uhr MESZ schließen. Erste Ergebnisse wurden für Freitagmorgen erwartet.

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