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Gewaltausbruch gegen Marokkaner

Die "Jagd" auf Marokkaner in einer südspanischen Kleinstadt sorgt für Bestürzung.

Mit Eisenstangen und Knüppeln bewaffnete Schläger ziehen durch die Straßen von El Ejido und machen Jagd auf Ausländer. Sie verwüsten die Geschäfte marokkanischer Gastarbeiter, stecken ihre Wohnungen in Brand und stürzen ihre Autos um. Am Rande der Kleinstadt bei Almeria an der südspanischen Mittelmeerküste lodern über einer brennenden Plastikfabrik die Flammen 30 Meter hoch in den Himmel.

Die Ermordung einer jungen Spanierin durch einen Marokkaner brachte das Pulverfass von El Ejido zur Explosion. Der seit Jahren aufgestaute Hass entlud sich in einer kollektiven Orgie der Gewalt. Die Polizei bekam die Krawalle drei Tage lang nicht unter Kontrolle, obwohl schwerbewaffnete Einheiten von 600 Mann durch den kleinen Ort patrouillierten.

Spanien reagierte voller Erschütterung auf die “Woge der Barbarei”. Ausgerechnet zu einer Zeit, da die Staaten der EU Österreich wegen der Regierungsbeteiligung der FPÖ politisch isolieren, brachen in Spanien die schlimmsten ausländerfeindlichen Krawalle der jüngeren Geschichte aus. Neonazi-Gruppen heizten mit Parolen wie “Almeria brennt” die Stimmung über Internet noch an. Die Gewalttäter waren aber keine organisierten Neonazis, sondern unbescholtene Bürger.

Der Gewaltausbruch kam keineswegs unerwartet. Die Spannungen zwischen Einheimischen und Gastarbeitern glichen seit langem einer Zeitbombe. El Ejido erinnert ein wenig an eine Goldgräberstadt im Wilden Westen. Ihren Reichtum verdankt die Stadt aber nicht Goldvorkommen in der Erde, sondern den Tomaten in den Gewächshäusern. Das “rote Gold” verhalf der Gegend zu einem Wirtschaftswunder.

Vor 40 Jahren herrschte in der kargen Landschaft noch bittere Armut. Dann kam jemand auf die Idee, mit Plastikplanen Gewächshäuser zu errichten und die Felder künstlich zu bewässern. El Ejido, einst ein winziges Dorf, wuchs in kürzester Zeit zu einem Eldorado, in dem es mehr Banken als Kneipen gibt.

Die Arbeiten in den Gewächshäusern, wo Temperaturen von über 50 Grad herrschen, verrichten Immigranten aus Nordafrika. Ein Fünftel der 50.000 Einwohner sind Ausländer. Viele von ihnen arbeiten als “Illegale” für einen Hungerlohn und hausen in provisorischen Wellblechhütten. “Dort herrschen Zustände wie während der Apartheid in Südafrika. Wenn man nichts für die Integration der Ausländer tut, werden wir noch viele solcher Explosionen der Gewalt erleben.”

(Bild: APA)

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