AA

Gespannte Lage in Georgien

Eine Woche nach der umstrittenen Parlamentswahl ohne Ergebnis in Georgien hat sich der innenpolitische Konflikt verschärft.

Der Oppositionspolitiker Michail Saakaschwili führte am Samstag etwa 9000 Anhänger zum Parlamentsgebäude in Tiflis, um dort in einer Dauerdemonstration die Anerkennung seiner Partei Nationale Bewegung als Wahlsieger zu verlangen. Besorgt rief die orthodoxe Kirche in dem Kaukasus-Staat alle Seiten zur Mäßigung auf, um die tiefe Spaltung der Gesellschaft zu überwinden.

Präsident Eduard Schewardnadse lehnte nach Angaben der Agentur Itar-Tass die Forderung mehrerer Oppositionsparteien nach einer sofortigen Wiederholung der Parlamentswahl ab. Dies werde kein besseres Ergebnis bringen als am 2. November, sagte er. Bei einer Beruhigung der Lage seien Neuwahlen frühestens in einem Jahr möglich. Schewardnadse rief seine Landsleute zur Besonnenheit auf. „Ich rufe die Menschen auf, sich nicht in Konfrontationen verwickeln zu lassen“, sagte er in einer Fernsehansprache. „Von der Konfrontation ist der Bürgerkrieg nur einen Schritt entfernt“, warnte er.

Neue Zählergebnisse der zentralen Wahlkommission in Tiflis wurden nicht mitgeteilt. Nach Auswertung von knapp vier Fünfteln der Stimmen lag die oppositionelle Partei Aufschwung mit 21,4 Prozent weiter knapp in Führung. Danach folgten der regierungsnahe Block Für ein Neues Georgien mit 20,7 Prozent und die oppositionelle Nationale Bewegung von Saakaschwili mit 19,0 Prozent. Zusammen kamen die untereinander zerstrittenen Oppositionsparteien auf fast 70 Prozent der Stimmen.

In der georgischen Hauptstadt schirmten hunderte bewaffnete Polizisten den Amtssitz Schewardnadses und andere Regierungsgebäude gegen die Demonstrationszüge mehrerer Parteien ab. Wasserwerfer standen bereit. Ex-Justizminister Saakaschwili sagte, die Kundgebung vor dem Parlament solle andauern, „bis Schewardnadse seine Niederlage einräumt und die Staatsführung zurücktritt“. Insgesamt blieb die Zahl der Demonstranten jedoch hinter den Erwartungen zurück. Die Polizei verhinderte mit Straßensperren in allen Landesteilen, dass Oppositionsanhänger mit Bussen in die Hauptstadt fahren konnten. Nach Angaben der Saakaschwili-Partei beschossen Soldaten des Innenministeriums einen Fahrzeugkonvoi, wobei eine Frau verletzt worden sei.

„Die Konfliktparteien müssen einsehen, vor welcher Gefahr sie stehen“, warnte Katholikos Ilija II., das Oberhaupt der orthodoxen Kirche. Die Georgier sollten als rechtgläubige Christen Einsicht zeigen und „Schritte zum Frieden machen“. Am Freitag hatten maskierte Männer das Feuer auf ein Oppositionstreffen in der Stadt Sugdidi eröffnet und zwei Menschen verletzt.

  • VIENNA.AT
  • Chronik
  • Gespannte Lage in Georgien
  • Kommentare
    Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.