Ein französisches Gericht gab am Donnerstag einem entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft statt. Lagarde wird vorgeworfen, als Ministerin zur Beilegung eines Rechtsstreits die Zahlung von 285 Millionen Euro plus Zinsen aus der Staatskasse an den Geschäftsmann und Ex-Minister Bernard Tapie für zulässig erklärt zu haben. Lagarde hat die Vorwürfe zurückgewiesen.
Hintergrund der Zahlung war der Verkauf des deutschen Sportartikelherstellers Adidas durch Tapie Anfang der 1990er Jahre. Dieser sah sich bei dem Geschäft von der damaligen Staatsbank Credit Lyonnais geprellt und zog vor Gericht. Das jahrelange Verfahren endete 2008 mit einem Schiedsgerichtsurteil, das Tapie die Entschädigungssumme zugestand. Lagarde hätte dieses Verfahren nicht zulassen dürfen, begründete der mittlerweile pensionierte Generalstaatsanwalt Jean-Louis Nadal die Anrufung des Gerichtshofs. Entgegen der Empfehlungen von Experten habe Lagarde keinen Einspruch gegen das Urteil eingelegt.
Die 55-jährige Lagarde ist die Nachfolgerin ihres wegen versuchter Vergewaltigung angeklagten Landsmannes Dominique Strauss-Kahn an der Spitze des IWF.
“Durch Ermittlungen nicht im Amt beeinträchtigt”
Die am Donnerstag angekündigten Ermittlungen wegen mutmaßlichen Amtsmissbrauchs zu ihrer Zeit als französische Finanzministerin seien “keineswegs unvereinbar” mit Lagardes jetziger Funktion, erklärte ihr Anwalt Yves Repiquet. “Es wird nicht das erste Ermittlungsverfahren sein, das eingestellt wird.”
Vielmehr habe das vom Gerichtshof der Republik befürwortete Verfahren den Vorteil, dass es Lagarde “endgültig” von dem Verdacht reinwaschen werde, den “eine Handvoll Abgeordnete” gegen sie aufgebracht hätten, betonte der Rechtsanwalt.
Der Gerichtshof der Republik das einzige französische Gericht, das Mitglieder der Regierung für Straftaten belangen kann hatte zuvor beschlossen, Lagardes Rolle in einer Affäre um den französischen Unternehmer Bernard Tapie untersuchen zu lassen. Es geht dabei um den Verkauf des deutschen Sportartikelherstellers Adidas, an dem Tapie die Aktienmehrheit hatte, an die französische Bank Credit Lyonnais. Lagarde hatte nach ihrem Amtsantritt als Finanzministerin vor vier Jahren gegen den Rat von Fachleuten ein privates Schiedsgericht mit dem Fall beauftragt, das Tapie eine hohe Entschädigung aus Staatsgeldern zusprach.