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Gentleman-Gangster verurteilt

Im spektakulären Prozess um den Raubüberfall auf das Salzburger Juweliergeschäft Helmut Nadler am 24. Oktober 2005 wurde der 40-jährige Franzose Michel Z. zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Weder die Staatsanwaltschaft noch die Verteidigung gab eine Erklärung ab.

Die Vorgeschichte:

Sehr eloquent und wie ein Gentlemen, der keiner Fliege etwas zu leide tun könnte, so präsentierte sich der Nadler-Räuber am Montag dem Geschworenengericht unter Richter Manfred Seiss. Ein Dolmetscher übersetzte, wie der groß gewachsene, sehr schlanke Brillenträger, der in Los Angeles Literatur studiert hatte, seinen Überfall rechtfertigte. Geldnot und ein geplatzter Grundstücksverkauf hätten ihn zu dem Raub auf das Salzburger Juweliergeschäft bewogen, gestand Michel Z.

Drei Tage vor dem Überfall reiste der Franzose mit einem gefälschten Pass nach Österreich, um in Wien seinen Cousin aus Serbien zu treffen. „Er wollte mir Geld aus einem Grundstücksverkauf geben.“ Aus dem Deal wurde nichts, doch Z. brauchte dringend Geld: „Er hatte sich zuvor von Leuten, mit denen man am Besten keinen Kontakt hat, 30.000 Euro ausgeborgt. Er und seine Familie wurden von ihnen massivst bedroht, weil er es nicht rechtzeitig zurückgeben konnte“, erklärte sein Verteidiger Ägidius Horvatits.

Als Ausweg fiel dem Franzosen serbischer Herkunft das ein, was er bereits zwei Mal in seinem Leben als Geldbeschaffungsaktion getan hatte: Einen Raubüberfall durchzuführen. Der 40-Jährige unterbrach seine Wien-Reise in Salzburg. „Ich kann nicht beschreiben, unter welchem Stress ich gestanden bin. Samstag früh ging ich durch die Getreidegasse und sah das Juweliergeschäft. ’Wenn ich nur einige Juwelen bekommen könnte, das würde alle Probleme lösen’, dachte ich mir.“ Z. plante den Überfall für den darauf folgenden Montag, zehn Minuten vor Geschäftsschluss.

Sein Mandant sei sehr bedacht gewesen, niemanden zu verletzen, „er war äußerst höflich zu den unschuldigen Damen“, betonte Rechtsanwalt Horvatits. Sogar Staatsanwalt Andreas Allex bemerkte, Z. habe sich höflich verabschiedet. Den Coup hatte der Franzose bis ins kleinste Detail geplant. Noch am Samstag reiste er nach München und kaufte sich einen Elektroschocker und zwei paar Handschellen. Wozu? Falls es im Geschäft Schwierigkeiten gebe, so der Angeklagte emotionslos.

Die Pistole, die er sich bereits im September gekauft hatte, habe er bei dem Überfall am 24. Oktober den Verkäuferinnen „nur gezeigt“, in dem er sie mit zwei Fingern aus der Innentasche seiner Jacke herauszog und dann gleich wieder zurücksteckte. „Sie war nicht geladen, das Magazin lag im Auto“, sagte der Franzose.

Auf den 18-Jährigen, den er während seiner Flucht vor der Polizei aus dem Auto zerrte, habe er mit der Waffe ebenfalls nicht gezielt. Und dass er mit dem Rückwärtsgang auf zwei Beamte losraste, rechtfertigte der Franzose so: „Ich habe zwei Schüsse gehört und bin in Panik verfallen. Ich wollte nur weg aus Salzburg.“ Dass er einer kriminellen Organisation serbischen Ursprungs namens „Pink Panter Gang“ angehören soll und mit den Mitgliedern mehrere Telefonate geführt hätte, bestritt der Beschuldigte vehement.

In die kriminelle Karriere ist Michel Z. vor 16 Jahren geschlittert. Er arbeitete in Alaska bei einer Security-Firma und bewachte Geldtransporte. Als seine Schwiegermutter in finanzielle Probleme geraten war, raubte er unter Verwendung einer Waffe eine Geldkassette mit 66.000 Dollar. Zwei Tage später wurde er festgenommen, neun Jahre und sechs Monate saß er im Gefängnis.

Danach „war ich kein normaler Mensch mehr“, schilderte Z. den Geschworenen. Als er nach Frankreich zurückkehrte, habe er sich wie ein Ausländer gefühlt. Erneute Geldsorgen hätten ihn zu dem Raubüberfall im Dezember 2000 in der Schweiz veranlasst. Die Folge: Acht Jahre Freiheitsstrafe, nach viereinhalb Jahren Gefängnis wurde er im Februar 2005 entlassen. „Er ist wirklich intelligent und hätte ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft sein können“, so sein Verteidiger.

Ein Urteil war gegen Abend geplant. Es sollen vier Zeugen einvernommen werden.

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