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Pensionsstreik: Frankreich weitestgehend lahmgelegt

Paris ist quasi im Ausnahmezustand
Paris ist quasi im Ausnahmezustand ©APA (AFP)
Hunderttausende Menschen gingen auf die Straße und protestierten gegen die Pensionsreform-Pläne von Präsident Emmanuel Macron. Autos gingen in Flammen auf, Vermummte schlugen Scheiben ein.

Frankreich ist am Donnerstag durch einen Generalstreik weitgehend lahmgelegt worden. Zahlreiche Züge und Flüge fielen aus, Schulen blieben geschlossen. Hunderttausende Menschen gingen auf die Straße und protestierten gegen die Pensionsreform-Pläne von Präsident Emmanuel Macron. In Paris und Nantes kam es dabei zu Ausschreitungen. Autos gingen in Flammen auf, Vermummte schlugen Scheiben ein.

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Die Stimmung während der Großdemonstration in der französischen Hauptstadt war sehr angespannt. Die Polizei ging gegen vermummte Protestteilnehmer vor und setzte Tränengas ein. Es gab Dutzende Festnahmen.

Proteste auch in Krankenhäusern und Polizei

Zahlreiche Gewerkschaften hatten im Konflikt um die geplante Rentenreform zu den branchenübergreifenden Streiks aufgerufen. Auch im Öffentlichen Dienst, in Krankenhäusern oder der Justiz waren Streiks geplant. Der Nah- und der Fernverkehr standen am Donnerstag im gesamten Land fast komplett still. Proteste gab es auch in Krankenhäusern, bei der Müllabfuhr, bei Polizei und Feuerwehr. In Paris blieben die meisten Metros geschlossen.

Auch Sehenswürdigkeiten wie der Eiffelturm blieben zu. Pariser Museen wie der Louvre hatten bereits vor den Streiks vor Einschränkungen für Besucher gewarnt. Das Impressionisten-Museum Musée d'Orsay bestätigte via Twitter, es bleibe geschlossen.

Betroffen waren auch Verkehrsverbindungen mit dem Ausland. Der Bahn-Fernverkehr mit Deutschland war komplett eingestellt, zahlreiche Flüge fielen aus, darunter auch zwei AUA-Flüge zwischen Wien und Paris.

Der öffentliche Nah- und Zugverkehr sowie Flughäfen in Frankreich werden auch am Freitag von massiven Streiks betroffen sein. Die französische Staatsbahn SNCF rechnete nach eigenen Angaben mit sehr starken Störungen des Verkehrs. Die französische Zivilluftfahrtbehörde Direction Générale de l'Aviation Civile (DGAC) rief die Fluggesellschaften auf, ihr Flugaufkommen um 20 Prozent zu reduzieren.

Betroffen sind nach DGAC-Angaben die Flughäfen Charles de Gaulle und Orly in Paris, der etwas außerhalb von Paris gelegene Flughafen Beauvais sowie Lyon, Marseille, Toulouse und Bordeaux. In der französischen Hauptstadt sollte der Streik im öffentlichen Nahverkehr noch bis Montag fortgesetzt werden.

Die Regierung will das gesetzliche Pensionsantrittsalter von 62 Jahren zwar offiziell nicht antasten, allerdings müssen die Franzosen dann mit Abschlägen rechnen. Zudem will Präsident Macron die Vorzugsrenten von mehr als 40 Branchen abschaffen, unter denen Angestellte des öffentlichen Dienstes teilweise bereits mit Mitte 50 in den Ruhestand gehen können.

Macron hält trotzdem an seinen Pensionsplänen fest

Macrons Büro erklärte, der Präsident halte "entschlossen" an seinen Reformplänen fest. Premierminister Edouard Philippe will die Vorhaben demnach Mitte der kommenden Woche im Detail erläutern. Macron hatte die Reform wegen der "Gelbwesten"-Proteste vorerst aufgeschoben.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft CGT, Philippe Martinez, drohte der Regierung erneut mit wochenlangen Protesten. Der Streik sei in vielen Bereichen verlängerbar, "das ist sicher", sagte er. Die Angestellten der Pariser Nahverkehrsgesellschaft RATP wollen den Ausstand nach Angaben von Gewerkschaftern vorerst bis Montag verlängern.

Größte Herausforderung seit Gelbwesten-Protesten

Für Macron ist der Streik die größte Herausforderung seit den "Gelbwesten"-Protesten gegen höhere Benzinpreise im Vorjahr. Im damaligen Konflikt hatte der Präsident eingelenkt und die Steuererhöhungen fallen gelassen. Viele Franzosen befürchten, dass sich nun das Szenario des Jahres 1995 wiederholen könnte. Damals wurde wochenlang gegen die Pensions- und Sozialversicherungsreform des damaligen Premierministers Alain Juppé protestiert. Weil Juppé einlenkte, gilt das französische Pensionssystem als unreformierbar.

(APA/dpa/ag.)

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