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Generalstreik am Dienstag in Frankreich

In Frankreich tritt der Kampf um die künftigen Pensionen am Dienstag mit einem Generalstreik in eine entscheidende Phase. Die Regierung hält trotzdem an der Pensionsreform fest.

Die Gewerkschaften wollen die konservative Regierung durch mindesten 115 Kundgebungen dazu veranlassen, das geplante Reformprojekt abzuschwächen. Dagegen betonte Sozialminister Francois Fillon (UMP), dass nur noch einige Detailfragen wie etwa die Rente der Arbeiter mit gesetzlichem Mindestlohn und das Pensionsalter jener, die bereits als Minderjährige das Berufsleben begonnen haben, zur Debatte stünden.

Die französischen Gewerkschaftsverbände haben den größten Ausstand seit dem fünfwöchigen Marathon-Streik im Dezember 1995 angekündigt. Auch damals hatten sie gegen eine Pensionsreform protestiert. Auf die Parallelen mit dem Winter 1995 angesprochen, sagte der Neogaullist:
„Dieses Mal wird die Reform kommen, denn 2003 ist nicht 1995. Sollte es nötig sein, so kann man die Möglichkeit einer Volksabstimmung nicht ausschließen.“ Fillon betonte, dass er auch im Falle einer massiven Beteiligung an der Streik- und Protestbewegung an der angekündigten Pensionsreform festhalten werde. „Diese Reform wird nicht entartet, nicht umgekrempelt und nicht durch eine Reihe von Zugeständnissen neutralisiert werden“, betonte der konservative Politiker im Radiosender „Europe 1“.

Fillon erklärte sich allerdings bereit, die Gewerkschaftsvertreter am Tag nach dem Streik zu einer Aussprache zu empfangen. „Es gibt eine gewisse Anzahl von Punkten, über die man noch mit den Sozialpartnern diskutieren kann, und das werden wir am 14. Mai machen.“ Von den Verhandlungen ausgeschlossen ist nach Angaben der Regierung die Anhebung der Beitragsjahre für öffentliche Beamte von 37,5 auf 40 Jahre ab 2008. Fest steht auch, dass die Beitragsjahre ab 2012 auf 41 und ab 2020 auf 42 angehoben werden.

„Es geht nicht darum, die öffentlichen Bediensteten zu bestrafen. Wir werden uns bloß darum kümmern, dass die öffentlich Bediensteten wie alle anderen Franzosen behandelt werden.“ Fillon versicherte, dass bestimmte Berufsangehörige wie etwa die Bahnarbeiter der staatlichen Bahngesellschaft SNCF, die über einen Sonderstatus verfügen, von der Reform nicht betroffen seien.

Zur Diskussion stehen dagegen die Bedingungen der Pensionierung von Personen, die ihr Berufsleben als Minderjährige begonnen haben. Jenen, die seit dem 14. Lebensjahr erwerbstätig sind, könnte die Möglichkeit gegeben werden, bereits mit 58 Jahren in Pension zu gehen, während das gesetzliche Pensionsalter bei 60 Jahren liegt. Das Reformprojekt sieht gegenwärtig weiters vor, dass die Empfänger des gesetzlichen Mindestlohns mindestens 75 Prozent dieses Mindestlohns als Rente erhalten sollen, während sie gegenwärtig 81 Prozent bekommen. Auch in diesem Punkt erklärte sich der Sozialminister zu Verhandlungen bereit.

Er betonte, dass die Regierung „keine andere Möglichkeit“ habe, als die Reform in die Wege zu leiten. Ab 2006 werden nach Angaben der Regierung jedes Jahr 800.000 Personen in Pension gehen, während es gegenwärtig nur 500.000 sind. Eine Finanzierung des gegenwärtigen Systems sei daher nicht mehr möglich, so Fillon. Das endgültige Reformprojekt werde Mitte Juni dem Parlament vorgelegt.

Der rechtsliberale Premierminister Jean-Pierre Raffarin (UMP) hat in den vergangenen Tagen die Streik-Pläne bereits mehrmals heftig attackiert. „Es ist nicht die Straße, die regiert“, betonte der Regierungschef und fügte hinzu, dass er „keinerlei Verhandlungen“ in der Frage zulasse. Das Ausmaß der Demonstrationen werde keinerlei Auswirkungen auf die Verhandlungen mit den Sozialpartner haben, so Raffarin.

Lahmgelegt werden nach Angaben der Gewerkschaften am Dienstag nicht nur der Bahn- und Metroverkehr in den großen Städten, sondern auch die Briefzuteilung durch die Post, die Krankenhäuser, die Flughäfen, die Metallindustrie und die gesamte öffentliche Verwaltung. Streiks wurden auch in den Energiekonzernen „Electricite de France“ (EdF) und Gaz de France (GdF) angesagt. In Paris hat die Polizeipräfektur schwere Verkehrsbehinderungen zwischen 8.30 und 19 Uhr angekündigt. Geschlossen bleiben auch die öffentlichen Schulen, deren Personal sich sehr massiv an den Demonstrationen beteiligen wird. Allein der staatlichen Bahngesellschaft SNCF entgehen nach eigenen Angaben durch den Streik 60 Millionen Euro an Einnahmen.

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