Gemischte Reaktionen nach Bablers "Ja" zu Tempo 100 auf Autobahnen

Der neue SPÖ-Vorsitzende Andreas Babler hat mit seiner Befürwortung von Tempo 100 auf der Autobahn aufhorchen lassen. Beim politischen Mitbewerber stieß er damit auf gemischte Reaktionen.
Während sich die Grünen, die sich selbst zu Tempo 100 bekennen, über einen "neuen Verbündeten" freuen würden, können ÖVP und FPÖ mit der Forderung wenig anfangen. Für die NEOS geht der Vorschlag am Problem vorbei, man zeigte sich aber offen für Diskussionen.
Grüne über Bablers Aussagen zu Tempo 100 erfreut
Begrenze man die Geschwindigkeit auf 100 km/h, würden circa 100 Menschen im Jahr weniger sterben, sagte Babler am Sonntag in der ORF-"Pressestunde". SPÖ-Verkehrssprecher Alois Stöger schlug gemäßigtere Töne an. Die SPÖ sei "grundsätzlich offen" für Argumente der Wissenschaft - "konkret für Tempo 100 auf Autobahnen, 80 auf sonstigen Überlandstraßen und 50 (Vorrangstraßen) bzw. 30 im Ortsgebiet".
Temporeduktionen, die für viele ein emotionales Thema darstellen, sollen von der Bevölkerung getragen sein, so Stöger in einem Statement gegenüber der APA. Vor ihrer Haustüre würden sich die Menschen jedenfalls weniger Geschwindigkeit, Emissionen und Lärm wünschen. Die Regierung kritisierte er etwa für das Fehlen eines Klimaschutzgesetzes: "Diskussionen über Tempolimits müssen in ein Klimaschutzgesetz eingebettet sein, das es nicht gibt", betonte der Verkehrssprecher. Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs müsse indes "Priorität Nummer eins beim Klimaschutz sein".
Bei den Grünen stieß Babler auf offene Ohren: Er sei froh, einen Verbündeten zu bekommen, meinte Klimasprecher Lukas Hammer zur APA. Auf den SPÖ-Chef würde allerdings intern "noch viel Überzeugungsarbeit warten", die SPÖ habe Temporeduktionen bisher stets abgelehnt, ihre Beschlusslage zeuge von "Betonpolitik". Die Grünen waren bis dato die einzigen, von denen Bekenntnisse zu Tempo 100 zu hören waren, Umweltministerin Leonore Gewessler hatte jedoch stets betont, dass es dafür keine politische Mehrheit gebe.
ÖAMTC: Behauptung mit weniger Toten falsch
Laut ÖAMTC ließe sich die Behauptung, dass "bei Tempo 100 jährlich 100 Menschen weniger sterben und 7.000 weniger verletzt" würden, nicht nachvollziehen. Laut Statistik Austria gab es 2022 im heimischen Autobahn- und Schnellstraßennetz 34 Todesopfer und 3.058 Verletzte. Mehr als die Hälfte aller Unfälle mit Personenschaden sowie über 40 Prozent aller Unfälle mit Getöteten ereignen sich auf Autobahn-Abschnitten, auf denen weniger als 130 km/h erlaubt ist.
ÖVP nuf FPÖ können mit Forderung nur wenig anfangen
"Wir brauchen eine parlamentarische Mehrheit, vor allem mit dem Koalitionspartner", meinte auch Hammer, diese sei nicht absehbar. Es gehe bei dem Thema auch um Lärm und Verkehrssicherheit, appellierte er, sachlich darüber zu diskutieren. ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker konnte Bablers Vorstoß bereits am Sonntag offensichtlich wenig abgewinnen, entsprach die Forderung nach Tempo 100 für ihn doch "ganz dem marxistischen Weltbild des Neo-SPÖ-Vorsitzenden", wie er in einer Aussendung verkündete.
Auch bei den Freiheitlichen war Babler erwartungsgemäß auf Widerspruch gestoßen: FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker konstatierte in einer Aussendung eine "unangenehme Nähe zu den Grünen".
NEOS für Diskussion offen, Vorschlag löst Problem aber nicht
Die NEOS zeigten sich indes offen, über derartige Vorschläge zu diskutieren, fanden aber, dass diese am eigentlichen Problem vorbeigehen. "Der deutlich wirkungsvollere Hebel wäre eine spürbare CO2-Bepreisung bei gleichzeitiger Senkung der Lohnsteuer", teilte Yannick Shetty, Sprecher für Nachhaltige Entwicklung, gegenüber der APA mit. "Das würde deutlich höhere CO2-Einsparungen bringen als Tempo 100 auf der Autobahn und sowohl Menschen als auch Klima entlasten." Er selbst fahre in der Regel aber nicht schneller als 100 km/h.
(APA/Red)