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Gemeinderat diskutierte Auswirkungen der neuen Regierung auf Wien

Am Donnerstag fand im Wiener Gemeinderat eine Sondersitzung statt.
Am Donnerstag fand im Wiener Gemeinderat eine Sondersitzung statt. ©APA/HERBERT NEUBAUER
Am Donnerstag fand im Wiener Gemeinderat eine Sondersitzung statt. Dabei wurde auch über mögliche Auswirkungen des türkis-grünen Regierungsprogramms auf Wien debattiert.

Beantragt hatte den Termin die FPÖ, die in dem Koalitionsprogramm einen "ordentlichen Anschlag" auf Wien sieht. Die ÖVP ortete darin hingegen den Versuch, "eine Gruppentherapie zu machen, um das Wahlergebnis endlich zu verdauen".

FPÖ holte gegen Türkis-Grün aus

Der nicht amtsführende Vizebürgermeister Dominik Nepp (FPÖ) wollte die Gelegenheit, wie er sagte, nutzen, um "schonungslos" mit der "schwarz-grünen Regierungsübereinkunft", aber auch mit Rot-Grün in Wien abzurechnen: "Man kann nur hoffen, dass eine Regierung, die einen Anschlag auf Wien plant, nicht lange hält." Er ortete zum Beispiel "verheerende Rückschritte in der Sicherheits- und Ausländerpolitik" sowie bei Fragen der sozialen Gerechtigkeit.

Nepp verwies etwa auf die sogenannte Hacklerregelung, die kurz vor der Wahl beschlossen, nun aber doch nicht umgesetzt werden solle. Auch in Sachen Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe ortete Nepp Probleme. Denn diese sei ausschlaggebend dafür, dass Wien so verschuldet sei.

Der Parteiobmann der kürzlich von FPÖ-Mandataren gegründeten "Allianz für Österreich", Karl Baron, beklagte ebenfalls soziale Rückschritte im Bund. Alles was unter Heinz-Christian Strache - der Ex-FPÖ-Chef ist inzwischen DAÖ-Unterstützer - mühsam aufgebaut worden sei, werde nun wieder rückgängig gemacht. Türkis-Grün vereine das Beste aus "zwei Traumwelten".

NEOS bemängelte "blutleeres Koalitionsabkommen"

NEOS-Klubchef Christoph Wiederkehr bemängelte ein "blutleeres Koalitionsabkommen". Er vermisst laut eigenen Angaben positive Einflüsse auf das Wiener Bildungs- oder Gesundheitssystem durch den Bund. In Sachen Transparenz bei der Parteienfinanzierung konstatierte er hingegen eine "richtige Richtung": "Da erwarte ich mir, dass auch Wien endlich in die Gänge kommt - wie nach Ibiza beschlossen." Wien solle etwa vor dem Bund die Prüfkompetenz des Rechnungshofs im Bereich Parteifinanzen ausweiten.

Die ÖVP verteidigte nicht nur das Regierungsprogramm, sondern hielt der FPÖ vor, sich nach der Nationalratswahl ins "Eckerl" gestellt zu haben. Der nicht amtsführende Stadtrat Markus Wölbitsch ersuchte die Blauen, sich jetzt nicht zu "echauffieren". Die SPÖ sei hingegen auf der Suche nach ihrem Kurs, sagte Wölbitsch. Die Wahl im Burgenland sei ein "Denkzettel für die Wiener SPÖ". Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) wolle es, so scheine es, allen Recht machen. Er blinke einmal links und dann wieder rechts.

"Ein ganzes Land atmet auf und ist froh"

Der Grüne Klubchef David Ellensohn hielt zunächst fest, dass die vorige Regierung von den "Ewiggierigen" zu Fall gebracht worden sei: "Ein ganzes Land atmet auf und ist froh. Der Spuk Türkis-Blau ist vorbei." Die Orbanisierung sei gestoppt. Gleichzeitig betonte er, dass das Regierungsprogramm kein Wunschkonzert der Grünen oder der ÖVP sei. Vielmehr seien Kompromisse nötig. Der Grüne Vizekanzler Werner Kogler setze sich für grüne Grundwerte ein: "Und alle finden die Art und Weise, wie er es macht, gut."

Ellensohn übte in einem Punkt aber auch Kritik: Staatssekretärin Ulrike Lunacek (Grüne) habe aktuell in Sachen Parteibuchwirtschaft "eine schlechte Lektion" erleben müssen, meinte er - wobei er sich offenbar auf die jüngst erfolgten Abberufungen von Museums-Kuratoriumsvorsitzenden durch Karoline Edtstadler (ÖVP) in ihrer Funktion als Kulturministerin bezog. Auch die Wiener Grünen-Chefin Birgit Hebein übte heute via Twitter diesbezüglich Kritik. Unter den Hashtags "#Unverständnis" und "#Abbestellung" schrieb sie: "Es gibt in fast allen Parteien Persönlichkeiten, denen ich glaube, mit ehrenamtlichem Engagement nur das Beste für das Land zu wollen. Christian Konrad ist so jemand."

Gute Zusammenarbeit zwischen Rot und Grün in Wien

SPÖ-Gemeinderat Kurt Stürzenbecher mutmaßte, dass die FPÖ gehofft haben dürfte, dass sich Grüne und Rote bei der Sondersitzung "bashen". Dafür stehe man jedoch nicht zur Verfügung, beteuerte er: "Unsere Zusammenarbeit mit den Grünen funktioniert seit neun Jahren gut." Im Bund wertete er hingegen das "Wien-Bashing" durch die ÖVP als "manchmal störend". Dieses, so zeigte er sich überzeugt, komme aber bei der Bevölkerung auch nicht gut an.

Man messe die Bundesregierung vor allem an ihrem Verhalten gegenüber Wien. Im Regierungsprogramm finde sich jedenfalls "erstaunlich viel", was in Wien bereits festgeschrieben sei, freute sich Stürzenbecher. Er erwähnte etwa den Öffi-Ausbau, die Fernwärme, die thermische Wohnbausanierung oder die Verankerung des Klimaschutzes in der Bauordnung. Auch bei den Krippenplätzen seien die anvisierten Ziele in Wien längst erreicht. Wenig froh zeigte sich der SPÖ-Politiker hingegen darüber, dass der Zwölf-Stunden-Tag oder die "Zerstörung der Sozialversicherung" beibehalten würden.

(APA/Red)

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