Gemälde sorgt für Eklat: Muslimische Schüler empören sich über Nacktheit

Darum geht's:
- Gemälde "Diana und Aktäon" von Giuseppe Cesari sorgt für Kontroverse
- Muslimische Schüler empören sich über dargestellte Nacktheit
- Lehrerin wird Islamophobie und Rassismus vorgeworfen, Schüler ziehen Anschuldigungen zurück
Gemälde löst Kontroverse aus
In einem bemerkenswerten Fall hat das Renaissance-Gemälde "Diana und Aktäon" von Giuseppe Cesari in Frankreich für Wirbel und landesweite Schlagzeilen gesorgt, wie "Der Standard" berichtet. Das Werk, das eine Szene aus der griechischen Mythologie darstellt, wurde in einer Schule in Issou, einem Vorort von Paris, im Unterricht gezeigt und löste eine hitzige Debatte aus.
Einige elfjährige Schüler, die dem islamischen Glauben angehören, reagierten entrüstet auf die dargestellte Nacktheit. "Sie sagten, sie seien schockiert", berichtete eine Vertreterin der französischen Lehrergewerkschaft Snes, wie "Der Standard" zitiert. Die Schüler empfanden die Darstellung als Verstoß gegen ihre religiösen Überzeugungen.
Vorwürfe gegen Lehrerin und Solidarität der Kollegen
Die Situation drohte zu eskalieren, als Eltern vor der Schule protestierten und der Lehrerin Islamophobie und Rassismus vorwarfen. Der Lehrerin wurde vorgeworfen, dass sie schon in der Vergangenheit muslimische Schüler bloßgestellt und sowohl rassistische als auch islamophobe Aussagen gemacht habe. Zudem soll sie einen Schüler, der dies nicht gewünscht habe, bewusst auf das Gemälde angesprochen. Andere Schüler, die sich äußern wollten, seien hingegen von der Lehrerin ignoriert worden.
Die Lehrerschaft des Collège Jacques-Cartier stellte sich umgehend hinter ihre Kollegin. In einem Schreiben äußerten sie sich zu "Verleumdungen, üble Nachrede und immer häufigere und gravierendere Verstöße gegen die Laizität". Die Schulakademie in Versailles berichtete später, dass die Schüler ihre Anschuldigungen zurückgezogen und sich entschuldigt hätten. In der Schule wurden seit September insgesamt 16 Verstöße gemeldet, vor allem aufgrund des aggressiven Verhaltens von Eltern. Dies hat zu einer angespannten Atmosphäre im Schulbetrieb geführt und es ist kaum möglich, ruhig zu unterrichten.
Bildungsminister reagiert und betont Bedeutung der laizistischen Bildung
Bildungsminister Gabriel Attal reagierte prompt und besuchte die Schule. "Ich werde nie akzeptieren, dass man sich in der republikanischen Schule weigert, ein Gemälde anzuschauen", erklärte er, wie "Der Standard" berichtet. Er betonte die Bedeutung der laizistischen Bildung in Frankreich und leitete trotz Entschuldigung ein Disziplinarverfahren gegen die Schüler ein.
- Die schnelle Reaktion der französischen Regierung auf den Vorfall in einer Schule in Issou steht im Kontext einer hitzigen Parlamentsdebatte über ein neues, strengeres Einwanderungsgesetz. Diese Debatte wurde durch jüngste Messerangriffe angeheizt, bei denen drei Menschen starben, darunter ein Lehrer in Arras, der von einem islamistischen Angreifer getötet wurde. Zudem gab es einen Vorfall, bei dem eine Zwölfjährige eine Lehrerin mit einem Messer bedrohte.
- Der Lehrerverband Snes zeigt sich besorgt über die steigende Zahl von Angriffen auf Bildungspersonal. Der Verband betont, dass nicht nur religiöse Gründe, sondern auch andere Faktoren wie Pubertät zu solchen Vorfällen beitragen können. Eine Herausforderung sei es, jungen Schülern das Prinzip der Laizität nahezubringen.
Laizismus und Laizität in Frankreich
Ursprung und Entwicklung:
- Laizismus: Entstand im 19. Jahrhundert in Frankreich als antiklerikale Haltung gegen kirchlichen Einfluss auf den Staat, nicht gegen das Christentum selbst.
- Dreyfus-Affäre (1894): Führte zu gesellschaftlicher Polarisierung in Frankreich, beeinflusst durch Antisemitismus und Einflussversuche klerikal-restaurativer Kreise.
- Diplomatische Beziehungen: 1904 brach Frankreich die Beziehungen zum Vatikan ab, Wiederaufnahme erst 1921.
- Gesetz von 1905: Trennung von Kirche und Staat, gefördert von Aristide Briand. Anwendung des von Buisson geschaffenen Prinzips.
Laizität in der Verfassung:
- Verfassung von 1946: Erster Gebrauch des Begriffs laïcité. Artikel 1 beschreibt Frankreich als unteilbare, laizistische, demokratische und soziale Republik.
Unterschiede zwischen Laizismus und Laizität:
- Laizismus (laïcisme): Ursprünglich ein Kampfbegriff gegen antireligiöse Ideologie.
- Laizität: Beinhaltet Trennung von Religion und Staat, Gleichheit und Respekt gegenüber allen Religionen und weltanschauliche Neutralität des Staates.
- Französische vs. US-Ausprägung: In Frankreich dient Laizität dem Schutz des Staates vor kirchlichem Einfluss, in den USA dem Schutz der Kirchen vor staatlicher Einflussnahme, was dort mit starkem gesellschaftlichem Kircheneinfluss einhergeht.