Wenn die 440 Mitglieder und ihre Familien ein Fest feiern wie Bayram nach dem Fastenmonat Ramadan, dann sorgen Parkplatzeinweiser dafür, dass alles seine Ordnung behält. Zum Tag der offenen Tür ließ Osman Güvenc kleine Gutscheine als Einladungen verteilen. Den Nachbarn haben die Mitglieder des Moscheevereins zu Weihnachten CDs mit Weihnachtsliedern verbunden mit den besten Wünschen geschickt. Doch, die Moschee in der Hohenemser Robert-Koch-Straße gibt sich alle Mühe. Da hat sich viel verändert in wenigen Jahren. Osman Güvenc kam als Kind nach Österreich. Er erzählt die klassische Migrantengeschichte: Zuerst ging mein Papa zu einer Firma nach Ried im Innkreis. Ein Jahr später reiste der einjährige Osman in den Armen seiner Mutter nach. 1979 übersiedelte die Familie nach Vorarlberg. Der Papa ist inzwischen tot. Osman Güvenc hat selber Familie. Seine Frau arbeitet wie er. Die Oma passt auf Dilara (12) und Hüseyin (8) auf. Die Kinder sprechen Türkisch und Deutsch. Die Schulnoten, findet Osman, könnten besser sein. Dabei bringen die beiden Zweier und Dreier nach Hause.
Er selber hat als Kind oft genug den Dolmetscher gegeben. Bis heute verstummt seine Mutter, wenn Osman dabei ist. Dabei kann sie Deutsch. Als beide 2002 die österreichische Staatsbürgerschaft annahmen, bewältigte sie die Anforderungen spielend alleine. Nur ist es die alte Generation gewohnt, dass die Jungen für sie sprechen. Irgendwie ist das Osman Güvenc in Fleisch und Blut übergegangen. Deshalb nahm er vor zwei Jahren auch die Wahl zum Obmann des Moschee-Vereines an. Die alten Männer, die untertags hier türkischen Tee trinken und fernsehen, begrüßen ihn mit Schulterklopfen. Für die Jungen veranstaltet er Dart- und Playstation-Turniere.
Die Imame der ATIB-Moscheen werden aus Ankara entsandt und wechseln alle paar Jahre. Die Hohenemser haben für die Neubestellung 2012 schriftlich um einen möglichst jungen Geistlichen gebeten. Er muss die Sprache der Jugend sprechen, sagt Osman Güvenc, sonst funktioniert das nicht. Die drei Atatürk-Porträts in seinem Büro quittiert Osman Güvenc mit einem zweifachen Bekenntnis: Die Türkei ist mein Vaterland, Vorarlberg mein Mutterland. Dass er da wie dort als Ausländer gilt, bekümmert ihn nicht, denn die Phase unserer Integration dauert erst 40 Jahre. Dabei strahlt Osman ansteckende Zuversicht aus.