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Geld für falsches Gutachten gefordert? Prozess gegen Gerichtsgutachter in Wien

Prozess in Wien.
Prozess in Wien. ©APA (Symbolbild)
Ein gerichtlich beeideter Sachverständiger muss sich am Wiener Straflandesgericht wegen angeblicher Bestechlichkeit verantworten.

Wegen Bestechlichkeit hat sich am Mittwoch ein gerichtlich beeideter Sachverständiger im Wiener Straflandesgericht verantworten müssen. Der Schifffahrtexperte soll laut Anklage in einem am Wiener Handelsgericht anhängigen Zivilverfahren von einer Streitpartei Geld für die Erstellung eines inhaltlich unrichtigen Gutachtens verlangt haben. Er bekannte sich nicht schuldig, der Prozess wurde vertagt.

Ausgangspunkt war ein Rechtsstreit um eine in Kroatien vor Anker liegende Segeljacht, die bei einem orkanartigen Sturm gegen eine Kaimauer geschleudert und beschädigt wurde. Der Bootseigentümer hatte seine Versicherung geklagt, weil diese nicht für den Schaden aufkommen wollte. Diese ging nämlich davon aus, dass die Jacht im Hafen nicht sorgfältig vertaut worden war und sich deswegen im Sturm selbstständig machen konnte.

Zeugenaussage bringt Gutachter in Bedrängnis

Nachdem der beigezogene Sachverständige im Gerichtsauftrag einen Lokalaugenschein durchgeführt und die Beweissicherung vorgenommen hatte, wandte er sich ohne Wissen des zuständigen Richters telefonisch an die Rechtsvertreter beider Streitparteien und ersuchte um ein vertrauliches Treffen. Während der Anwalt des Jachtbesitzers den Gutachter abblitzen ließ, ging der Vertreter der Versicherung auf den Terminwunsch ein. Der Schifffahrt-Experte und der Anwalt trafen sich Anfang Jänner 2016 bei Weißwurst und Schnaps in Bad Reichenhall.

Wie der Anwalt nun als Zeuge darlegte, soll der Gutachter ihm gleich eingangs des Gesprächs eröffnet haben, dass er den Prozess verlieren werde. Er könne ihm allerdings vor dem nächsten Verhandlungstermin sieben Fragen zukommen lassen, die der Anwalt im Gerichtssaal “mit aller Härte und Nachdruck” vorbringen müsse, um doch noch zu obsiegen. “Die Fragen hätten bewirken sollen, dass der Sachverständige sein Gutachten so ausfallen lässt, dass wir die Sache gewinnen”, berichtete der Zeuge unter Wahrheitspflicht Richterin Claudia Moravec-Loidolt.

Anwalt erstattete Anzeige

Für sein Entgegenkommen habe der Gutachter Bares verlangt: “Er hat klipp und klar gesagt, er erwartet sich einen Geldbetrag und dass er sich mit Peanuts wie 10.000 Euro nicht abspeisen lässt.” Der Anwalt war nach der Unterredung unverzüglich zur Polizei gegangen, wobei er seine Anzeige mit der Bemerkung einleitete, so etwas sei ihm in seiner ganzen Laufbahn noch nicht untergekommen. Die Polizei empfahl dem Juristen, allfällige weitere Gespräche mit dem Sachverständigen aufzuzeichnen, sollte sich dieser wieder telefonisch melden.

Tatsächlich rief der Gutachter noch zwei Mal in der Kanzlei des Anwalts an, wobei er beim letzten Gespräch am 5. Februar meinte, die Zeit “dränge schön langsam. Wir müssen Nägel mit Köpfen machen”. Seine finanziellen Forderungen soll er dabei insoweit konkretisiert haben, als er einen Betrag von zumindest 20.000 Euro in den Raum stellte. Ein Kuvert müsse vor der Verhandlung am Tisch liegen, ist auf dem Band zu hören, das der Anwalt während des Telefonats mitlaufen ließ.

“Verhalten meines Mandanten nicht strafbar”

“Auch wenn das Verhalten meines Mandanten seltsam sein mag, es ist nicht strafbar”, meinte Verteidiger Ernst Schillhammer. Der Angeklagte behauptete nämlich, an ihn seien nach der Beweisaufnahme in Kroatien und später bei einem privaten Urlaub im slowenischen Portoroz ihm unbekannte Männer herangetreten. Diese hätten ihm erklärt, er habe hinsichtlich der zerschellten Jacht bei der Spurensuche etwas übersehen. Für weitere Informationen hätten die angeblich teilweise mit Badeshorts bekleideten Männer 20.000 Euro verlangt.

Über diese Entwicklungen habe er die Streitparteien informieren wollen und sich deshalb mit dem Versicherungsvertreter getroffen, behauptete der Angeklagte: “Ich habe die Forderung als Bote weitergegeben, nennen Sie es so, Frau Rat.” Und weiter: “Ich hätte lediglich den Kontakt hergestellt und hätte keinen Cent angegriffen. Ich bin nicht der berittene Bote mit Geld, oh nein!”

“Für mich war ganz eindeutig, dass dieses Geld für ihn bestimmt ist. Von dritten Personen, die irgendwas wissen und Informationen haben, war nie die Rede”, hielt dem allerdings der Rechtsvertreter der Versicherung entgegen. Zur Einvernahme weiterer Zeugen wurde die Verhandlung auf den 19. September vertagt.

(APA, Red.)

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