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"Gelbwesten": Französisches Parlament billigte Sozialpaket

Macrons Paket ging durch das Parlament
Macrons Paket ging durch das Parlament ©APA (AFP)
Die französische Nationalversammlung hat die milliardenschweren Zusagen von Präsident Emmanuel Macron an die "Gelbwesten" gebilligt. Auch danach kämpft die französische Regierung weiter gegen die andauernde Wut der Protestbewegung. Die Gelbwesten wollen am letzten Samstag vor Weihnachten wieder auf die Straße gehen.
"Gelbwesten"-Protest in Frankreich

Kundgebungen werden unter anderem in Paris sowie in Versailles westlich der Hauptstadt erwartet. Einer der “Gelbwesten”-Anführer, Eric Drouet, hatte zuvor dazu aufgerufen, in Versailles zu protestieren. “Schluss mit Paris und ihren kleinen Straßen. Versailles ist mit dem Bus, dem Auto und anderen Verkehrsmitteln sehr gut erreichbar”, heißt es in dem Facebook-Aufruf. Bis Freitagabend hatten rund 1500 Menschen auf dem sozialen Netzwerk angegeben, an der Demonstration teilnehmen zu wollen.

Nationale Debatte

Premierminister Édouard Philippe traf sich am Freitag mit Bürgermeistern und “Gelbwesten”-Vertretern, um die geplante “nationale Debatte” vorzubereiten. “Für die Organisation der ‘Grand Debat’ werden die Bürgermeister einen prominenten Platz einnehmen. Sie sind diejenigen, die am meisten mit unseren Mitbürgern in Kontakt stehen”, sagte Philippe im Département Haute-Vienne im Zentrum Frankreichs. Die Debatte solle sich nicht auf Paris oder die großen Regionalhauptstädte konzentrieren.

Die Bürger-Debatte soll sich bis zum 1. März um die Themen Steuern, ökologischer Übergang, Demokratie und Migration sowie Staatsorganisation drehen. Sie soll unter der Schirmherrschaft der Bürgermeister stattfinden. Bis spätestens Anfang April sollen konkrete Entscheidungen folgen. Sie ist eine der Maßnahmen, die Präsident Emmanuel Macron angekündigt hatte, um den “Gelbwesten” entgegenzukommen. Diese fordern auch mehr Bürgerbeteiligung.

Macron hat sich unterdessen im Internet an die Unterstützer einer Online-Petition für billigere Spritpreise gewandt. “Sie wurden vom Anstieg der Kraftstoffpreise hart getroffen und haben beschlossen, mit der Unterzeichnung dieser Petition zu reagieren. Ich habe Ihre Nachricht gehört. Ich antworte Ihnen direkt: Sie haben Recht”, schrieb Macron auf der Plattform change.org. Élyséekreise bestätigten der Deutschen Presse-Agentur die Echtheit der Nachricht.

Mehr als eine Million Mal unterzeichnet

Die Petition wurde bereits vor mehreren Monaten von einer mittlerweile führenden “Gelbwesten”-Vertreterin gestartet und bis Freitagnachmittag mehr als eine Million Mal unterzeichnet. “Es ist sehr ehrenhaft, dass wir nach Lösungen suchen, um unsere Umwelt so wenig wie möglich zu belasten. Aber die Erhöhung der von der Regierung erhobenen Steuern ist nicht die Lösung”, heißt es unter anderem in der Petition. Man sei bereits vom Ölpreis abhängig, da könne man nicht auch noch höhere Steuern zahlen.

Macron erwiderte, dass der Kampf gegen die globale Erwärmung notwendig sei, aber für die Bürger nicht zum Problem am Ende des Monats werden dürfe. Er erinnerte außerdem daran, dass die Regierung als Reaktion auf den Protest eine Steuererhöhung auf Benzin und Diesel zuletzt auf Eis gelegt hatte.

Macrons Zugeständnisse, die das französische Parlament am Freitag gebilligt hatten, sehen unter anderem mehr Geld für Mindestlohn-Bezieher und Entlastungen für Pensionisten und Arbeitnehmer vor. Macrons Gesetz zu “wirtschaftlichen und sozialen Notmaßnahmen” sieht unter anderem vor, dass Mindestlohn-Bezieher künftig rund 100 Euro monatlich mehr bekommen sollen. Arbeitnehmer müssen von 2019 an keine Steuern und Sozialabgaben mehr auf Überstunden zahlen. Geplant sind zudem Entlastungen für Pensionisten, die über weniger als 2.000 Euro monatlich verfügen. Davon sollen fünf Millionen Rentner profitieren. Nach einer mehr als 13-stündigen Debatte votierten 153 Abgeordnete für das Reformpaket, neun stimmten dagegen und 58 enthielten sich.

Neue Ungerechtigkeiten

Aus Sicht der Opposition schafft die Regierung mit dem Sozialpaket neue Ungerechtigkeiten: zum Beispiel zwischen den Pensionisten, von denen einige von Erleichterungen bei Sozialabgaben profitierten, andere aber nicht. Kritisiert wurden auch die gewaltigen Mehrausgaben.

Wegen der milliardenschweren Zusagen forderte EU-Budgetkommissar Günther Oettinger ein neues Defizitverfahren gegen Frankreich. Das Land verstoße im kommenden Jahr mit Ausnahme von 2017 “das elfte Jahr hintereinander gegen die Neuverschuldungsregel”, sagte Oettinger dem Magazin “Focus”. Der französische Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici widersprach seinem deutschen Kollegen und nannte die Pariser Vorgaben “akzeptabel”.

Insgesamt dürften sich die Proteste am letzten Wochenende vor Weihnachten weiter abschwächen: Am vergangenen Samstag waren landesweit 33.500 Menschen gegen die Regierung auf die Straße gegangen, nur halb so viel wie eine Woche zuvor. Zu Beginn der teils gewaltsamen Proteste Ende November waren es noch fast zehn Mal so viele.

(APA/dpa)

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