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Geiseldrama unblutig beendet

Nach annähernd acht Stunden banger Ungewissheit ist ein Geiseldrama mit vier Schülern als Opfer in Waiblingen ohne Blutvergießen zu Ende gegangen.

Der 16 Jahre alte Täter, ein ehemaliger Schüler, ließ seine Geiseln nach und nach frei, nachdem er zunächst eine Million Euro und ein Fluchtfahrzeug sowie ein Handy verlangt hatte. Die vier Schüler im Alter zwischen elf und 14 Jahren sind wohlauf, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Der Täter hatte sein Vorhaben zuvor angekündigt.

Nach den Worten des baden-württembergischen Polizeipräsidenten Erwin Hetger hatte sich der 16-Jährige mit einer Luftpistole und einer schusssicheren Weste ausgestattet gegen 14.30 Uhr in den EDV-Unterricht der sechsten Klasse der Waiblinger Friedensschule begeben und die Anwesenden bedroht. Vier Schüler nahm er zur Geisel, die anderen und die Lehrerin ließ er frei. Laut Hetger hatte der 16-Jährige die Tat langfristig vorbereitet, dafür unter anderem ein Buch über Geiselnahme gelesen und seine Absicht gegenüber früheren Mitschülern angekündigt.

Als ein Motiv für die Tat nannte die Polizei den Selbstdarstellungsdrang des Ex-Schülers. „Es ist schon erkennbar geworden, das es um ein gewisses Geltungsbedürfnis ging“, sagte Hetger. Außerdem habe er Schulden gehabt. Der Täter wurde festgenommen und soll am Samstag dem Haftrichter vorgeführt werden.

Mit den Worten „Wenn ihr nicht ruhig seid, passiert was“, hatte der 16-Jährige Schulklasse und Lehrerin bedroht, wie der elfjährige Marc der Nachrichtenagentur AP sagte. Dann habe er die Lehrerin aus dem Klassenzimmer geschickt, damit sie die Polizei alarmiere. Die Schüler hätten die Vorhänge zuziehen müssen. Danach durften alle anderen Schüler bis auf die zunächst vier Geiseln gehen.

Am Abend ließ er dann zwei weitere Kinder im Alter von zwölf und 14 Jahren laufen. Im Austausch gegen die Geiseln hatte der Täter der Polizei zufolge ein neues Mobiltelefon erhalten. Der Akku seines Handys hatte sich geleert. Später brachten die Beamten dem Täter Geld sowie eine Pizza an einen verabredeten Ort im Schulgebäude. Schließlich ließ sich der Jugendlichen überreden, sich zu ergeben. Gegen 21.10 Uhr warf der 16-Jährige seine Waffe zum Zeichen der Aufgabe aus dem Fenster.

Psychologen hatten bis in den Abend hinein über ein Handy mit dem Täter verhandelt. Die Polizei war vom Schlimmsten ausgegangen. Schüler schilderten den Jugendlichen als Einzelgänger, der sich profilieren wollte. Der Täter habe viel Computer gespielt und auch Spiele verkauft. „Der wollte einmal im Leben was Großes machen“, sagte der elfjährige Marc. Die Schülerin Svenja Waldecker beschrieb den Täter als Einzelgänger. Er habe immer viel Geld gehabt, aber dennoch häufig Dinge gestohlen. Der 16-Jährige gilt als Fan der deutschen Bundeswehr, der regelmäßig Tarnkleidung und eine schusssichere Weste trage. Er soll bei einer Security-Firma gearbeitet und sich mit dieser Aufgabe gebrüstet haben.

Die Geiselnahme hatte zunächst Erinnerungen an den Amoklauf von Erfurt wachgerufen. Am 26. April dieses Jahres hatte der 19-jährige Robert Steinhäuser im Erfurter Gutenberg-Gymnasium zwölf Lehrer, eine Sekretärin, zwei Schüler und einen Polizeibeamten erschossen, bevor er die Waffe gegen sich selbst richtete.

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