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Geisel erzählt: "Ich war keine Person für sie, ich hatte Angst, vergewaltigt zu werden"

Geisel Yarden Roman-Gat
Geisel Yarden Roman-Gat ©Reuters
Yarden Roman-Gat, 36 Jahre alt und Inhaberin sowohl der israelischen als auch der deutschen Staatsbürgerschaft, wurde nach 54 Tagen in der Gewalt der Hamas freigelassen.

Seit dem Entführungsereignis am 7. Oktober, bei dem die Hamas zahlreiche Menschen aus Israel nach Gaza verschleppte, sind bereits einige Wochen vergangen, ohne dass weitere Geiseln befreit wurden. Mehr als hundert Opfer befinden sich noch immer in den Händen dieser terroristischen Gruppe.

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Yarden Kürzlich sprach sie in einem bewegenden Interview mit dem amerikanischen Fernsehsender CBS für deren Sendung „60 Minutes“ über die Zeit ihrer Gefangenschaft.

Der Tag der Entführung

Am 7. Oktober geriet die Familie Gat in eine lebensbedrohliche Situation, als sie plötzlich vor Terroristen fliehen musste. In einem Moment der Verzweiflung und um ihre dreijährige Tochter Geffen zu schützen, übergab Yarden sie noch während der Flucht an ihren Ehemann Alon.

Während Yarden nicht schnell genug entkommen konnte und von den Terroristen verschleppt wurde, fanden Alon und Geffen eine verborgene Nische im Boden. Dort versteckten sie sich zwölf Stunden lang unter Ästen und Sträuchern, während die Terroristen die Gegend nach ihnen absuchten.

Glücklicherweise gelang es Alon und Geffen, sich erfolgreich zu verstecken und zu überleben, während Yarden in die Hände der Terroristen fiel.

Yarden Roman-Gat, 36 Jahre alt, wurde am 7. Oktober als Geisel von den Hamas entführt.
Yarden Roman-Gat, 36 Jahre alt, wurde am 7. Oktober als Geisel von den Hamas entführt. ©REUTERS

Die Angst

In einem Bericht über die erschütternden Umstände ihrer Entführung durch die Hamas schilderte Yarden Roman-Gat, wie sie sich in den kritischen Momenten vor ihrer Gefangennahme: „Ich spielte tot, aber meinen Atem anzuhalten war fast unmöglich“.

Als die Terroristen bemerkten, dass sie unverletzt war, entschlossen sie sich, sie zu entführen. Sie hatte Angst vor einer Vergewaltigung, Yarden beschrieb: „Sie packten mich an den Armen und fingen an, mich auf dem Boden zurück zum Auto zu schleifen. Ich hatte einen Pyjama an und meine Kleidung fing an, mir vom Körper zu rutschen. Das war einer der beängstigenden Momente, denn ich dachte: ‚Selbst, wenn sie das nicht vorhatten, jetzt wollen sie es vielleicht doch tun, und ich bin halb nackt.‘ Also ...“

In einem Interview mit CBS-Moderatorin Lesley Stahl bestätigte sie: ,,Ich hatte Angst, vergewaltigt zu werden und zum Glück haben sie es nicht getan. Ihr Ziel war es, mich nach Gaza zu bringen.“

Am Gazastreifen

In ihrer Schilderung der Ereignisse nach ihrer Entführung beschrieb Yarden Roman-Gat, wie sie von der Hamas durch dicht gedrängte, jubelnde Menschenmengen im Gazastreifen transportiert wurde. „Sie haben mich wie eine Trophäe vorgeführt und mein Gesicht als Objekt gezeigt. Ich war keine Person für sie“, erklärte sie, um die Demütigung und Entmenschlichung, die sie erfuhr, zu veranschaulichen.

Die offenen Fenster des Fahrzeugs ermöglichten es der Menge, ihre Freude über die Aktionen der Hamas lautstark zum Ausdruck zu bringen, was für Yarden eine zusätzliche Einschüchterung darstellte.

Yarden Roman-Gat, 36 Jahre alt, wurde am 7. Oktober als Geisel von den Hamas entführt.

Yarden Roman-Gat, 36 Jahre alt, wurde am 7. Oktober als Geisel von den Hamas entführt.
©REUTERS

Gefangenschaft

In der Gefangenschaft der Hamas wurde sie abweichend von anderen Geiseln nicht in die verborgenen Tunnel gebracht, sondern stattdessen in ein Gebäude, wo sie kontinuierlich bewacht wurde. „Wir erreichten ein Haus. Obwohl ich alleine war, war ich faktisch niemals alleine“, erinnerte sie sich an die konstante Präsenz der Hamas-Wachen. „Vom Moment meiner Ankunft in Gaza bis zu meiner Abreise war ich ständig unter Beobachtung.“

Ihre Bewacher, ausschließlich männlich, ließen keinen Raum für Widerstand. „Jeglicher Widerspruch hätte lebensgefährlich sein können“, äußerte sie und erklärte, dass die Furcht vor einer möglichen Vergewaltigung stets präsent war. Sie beschrieb ihr Gefühl der Machtlosigkeit: „Ständig wurde ich beobachtet. Ich konnte mich zu keinem Zeitpunkt verstecken. Sie hatten volle Kontrolle über mich. Ich fühlte mich völlig hilflos.“

Als Schutzmaßnahme erhielt sie einen Hidschab, der sie jedoch kaum beruhigte. „Ich hatte das Gefühl, dass dieser Stoff der einzige Schutz war, den ich hatte“, erklärte sie. Yarden glaubt, dass es ihr gelungen ist, ein gewisses Interesse ihrer Entführer zu wecken, was ihr Überleben unterstützte: „Sie interessierten sich nicht für meinen Schutz, sondern für den Schutz ihrer Trophäe. Doch irgendwie gelang es mir, ihr Interesse zu wecken. Das hat mir, denke ich, das Leben gerettet.“

Yarden Roman-Gat, 36, hält ihre 3-jährige Tochter Geffen auf dem Arm, während ihr Ehemann Alon zusieht
Yarden Roman-Gat, 36, hält ihre 3-jährige Tochter Geffen auf dem Arm, während ihr Ehemann Alon zusieht ©REUTERS

Auch Schwägerin in Gefangenschaft

Etwa drei Wochen nach ihrer Entführung konnte Yarden Roman-Gat zufällig die Stimme eines Cousins ihres Ehemannes Alon im Radio hören. Sie hatte gelegentlich die Möglichkeit, Nachrichtensendungen zu verfolgen. „Er sprach beiläufig darüber, dass sowohl ich als auch meine Schwägerin Carmel in Gaza gefangen gehalten wurden. Da er jedoch weder Alon noch Geffen erwähnte, nahm ich an, dass es ihnen gut geht“, teilte Yarden mit.

(VOL.AT)

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