Lang war die Anreise, aber kein bisschen beschwerlich. Dann setzt Ilse Simma hinzu: Im Vergleich dazu, was hier los ist, ist gar nichts beschwerlich. Seit Sonntag hilft sie für die Caritas in Haiti. Jetzt ist es 7 Uhr früh. Simma ist seit einer Stunde wach. Die Hähne funktionieren noch im Land, scherzt sie, die ihr Leben lang in einer Ausnahmesituation helfen wollte. Und nun mitten drin steckt. Aber die gebürtige Bregenzerin wird gleich wieder sachlich: Meine Aufgabe hier ist die Organisation von Verteilungen. Sie erzählt von logistischen Aufgaben. Hygiene, Lebensmittel, all das bringt die Caritas nach Port au Prince und Leogame. Dorthin, wo das Ausmaß der Zerstörung wirklich unfassbar ist. Man fährt durch Port und sieht zusammengefallene Häuser, die platt am Boden liegen. Die Wände wie Streichhölzer eingeknickt.
Zeichen der Hoffnung
Aber es fangen schon wieder Straßenmärkte an. Und Simma staunt über diese unglaublich kreativen Menschen. Hut ab vor den Haitianern, sagt sie, die Menschen seien extrem geduldig, wenn man sich all diese Armut vor Augen führt. Wenige Tage nach dem schweren Erdbeben versuchen sie sich wieder zu organisieren und nach vorn zu schauen. Die 500 Zelte aus Vorarlberg sind auf dem Weg von Santo Domingo ins Krisengebiet. Sie sind auf der Insel angekommen und werden nach Leogame gebracht. Insgesamt 5000 solcher Zelte werden 25.000 Menschen Schutz bieten. Es wird auch Zeit. Insgesamt besitzt Haiti zwei Regenzeiten, eine von April bis Mai und eine von Oktober bis November. In dieser Zeit können auch Hurrikans auftauchen und ganze Landstriche in Mitleidenschaft ziehen. Wir hoffen alle, dass die Regenzeit heuer spät einsetzt.
Ein Kind gerettet
Simma macht Schluss. Ein langer Tag liegt vor ihr. Wieder wird sie versuchen, so etwas wie Ordnung in all das Chaos zu bringen. Hat so wirklich ihr Lebenstraum ausgesehen? Er verfestigt sich, absolut, sagt sie und erzählt die Geschichte von dem kleinen Buben. Ihr Caritas-Auto war einem Bus gefolgt. Sie hatte ungläubig mitangesehen, wie ein Kind unbemerkt vom Bus mitgeschleift wurde. Wir haben den Wagen gestoppt, den Buben befreit und erste Hilfe geleistet. US-Ärzte nahmen sich des Kindes an. Und wissen sie was? Der Bub lebt. Das alles, sagt sie, geht einem irrsinnig nah.
Zur Person
Ilse Simma bleibt bis Juni für die internationale Caritas in Haiti. Geboren: 1980 in Bregenz Ausbildung: Jusstudium in Wien. Laufbahn: Zwischendurch ein paar Monate in Moskau in der Außenhandelsstelle, um die Sprache zu lernen. Seit über einem Jahr für die Caritas Österreich als Leiterin für Sonderprojekte tätig. Familienstand: ledig