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Geheimes Sondervorstandsprotokoll

©APA
Zwischen zwei Zeugeneinvernahmen wurden am Montagvormittag,im BAWAG-Prozess die letzte Phase der Verluste der Bank durch die Geschäfte von Wolfgang Flöttl und deren Aufarbeitung erörtert.

In einem geheimen Sondervorstandsprotokoll vom 31. Jänner
2001, das vom gesamten BAWAG-Vorstand unterschrieben und bei einem
Rechtsanwalt hinterlegt worden war, wurden die Vorgänge beschrieben.
Das Sondervorstandsprotokoll sei auf Initiative des damaligen
Generaldirektors Helmut Elsner erstellt worden, die Vorstände hätten
das Protokoll alle unterschrieben, betonte der damalige Vorstand und
spätere Nacholger Elsners, Johann Zwettler, heute.

Die drei übrigen damaligen Vorstände verwiesen hingegen auf ihre
Zweifel und Widerstände. „Wir sind entsetzt gewesen“, schilderte
Josef Schwarzecker, ihm sei erst im Gespräch mit Wirtschaftsprüfer
Robert Reiter klar geworden, dass der Verlust noch höher als 700, 800
Mio. Euro war. Letztlich belief sich der Verlust zu Jahresende 2000
laut Anklage auf 1,44 Mrd. Euro. Elsner habe aber „Camouflage“
betrieben, ein „Verwirrspiel“, da er selber seit 8. Dezember von den
Verlusten wusste, aber die Vorstände erst am 15. Dezember 2000 davon
informiert habe. Schwarzecker betonte, er habe damals seine Funktion
zur Verfügung gestellt, wäre also zu einem Rücktritt bereit gewesen.

Auch Christian Büttner schilderte, dass er damals im Dezember 2000
über die Verlustnachricht sehr aufgeregt gewesen sei. „Ich konnte das
Obligo nicht glauben“, sagte Büttner heute. „Ich war aufgeregt, weil
die Dinge eigentlich von (Kaveh) Alamouti gemanagt werden sollten“.
Flöttl habe schriftlich bestätigt, dass er auftragswidrig alles Geld
auf eine Karte gesetzt und verloren habe. Nun sei sukzessive die
Größe der Problematik bekannt geworden. „Ich war schon immer
skeptisch gegenüber Flöttl, nun waren Kreuch und Schwarzecker auf
meiner Seite“, sagte Büttner.

Hubert Kreuch bestätigte diese Angaben: Er habe lückenlose
Aufklärung verlangt und dem Aufsichtsratsvorsitzenden Günter Weninger
in einem persönlichen Gespräch am 10. Jänner 2001 seinen Rücktritt
angeboten. Er sei nicht ausreichend informiert worden, so könne man
im Vorstand nicht arbeiten, resümierte er rückblickend. „Wir drei
haben gesagt, wir unterschreiben so die Bilanz nicht“. Elsner und
Zwettler hätten den Verlust durch Verschmelzung kompensieren wollen
und die BAWAG-Bilanz 2000 sogar ohne ÖGB-Garantie unterschrieben,
sagte Schwarzecker. Die beiden hätten mit der
Wirtschaftsprüfungskanzlei KPMG Lösungsvorschläge besprochen.

Der mitangeklagte frühere BAWAG-Wirtschaftsprüfer von der KPMG,
Robert Reiter, erläuterte, dass ihn Elsner damals gefragt habe, „was
kann man da machen“. Durch Umgründungsmaßnahmen könnten stille
Reserven gehoben werden, doch den gesamten Verlust abzudecken ohne
Wertberichtigungen vorzunehmen sei nicht möglich gewesen. Das von
Reiter vorgelegte „Modell zur Bereinigung“, wie es im
Sondervorstandsprotokoll heißt, wurde von den drei kritischeren
Vorständen nicht angenommen. Nur durch die ÖGB-Garantie waren dann
auch die drei Vorstände Büttner, Schwarzecker und Kreuch zur
Unterzeichnung der BAWAG-Bilanz 2000 bereit.

Mit der ÖGB-Garantie werde auch ein allfälliger Risikoanteil des
damaligen Bank-Miteigentümers Bayerische Landesbank (BayernLB) vom
ÖGB abgedeckt, heißt es in dem Protokoll. „Wie kommt der ÖGB dazu,
dass er den Anteil der Bayern auch übernimmt?“, fragte Richterin
Claudia Bandion-Ortner. „Wir mussten damals versuchen, das
ÖGB-Vermögen zu schützen“, sagte der damalige
BAWAG-Aufsichtsratspräsident und ÖGB-Finanzreferent Günter Weninger.
Wenn man mit der BayernLB gesprochen hätte, wären die Dinge anders
gelaufen und die ÖGB-Aktien hätten an Wert verloren, verteidigte er
die Geheimhaltung vor dem Miteigentümer und die ÖGB-Garantie, die er
und der damalige ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch gegeben hatten. Er habe
immer betont, „der ÖGB steht hinter seiner Bank“.

„Das Gesamtobligo wird nun über alternative Investments
zurückgeführt“, deren Management werde vom Treasury der BAWAG
übernommen, heißt es in dem Sondervorstandsprotokoll. Damals sei auch
erwähnt worden, dass noch 300 Mio. Dollar Guthaben vorhanden sein
müssten, was sich später aber als falsch herausstellte, sagte
Büttner. Laut Elsner soll es sich dabei um das Flöttl-Vermögen
gehandelt haben, das aber damals schon teilweise verwertet worden
war.

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