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Gegen Sucht: Mehr Ersatz-Präperate

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Die österreichischen Suchtexperten fordern im Kampf gegen Drogen vor allem eines: mehr Drogen-Ersatzpräperate. Entzug greife zu kurz.

Die Österreichische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (ÖGPP) sowie Gabriele Fischer von der Wiener Universitätsklinik für Psychiatrie fordern in der Suchtbehandlung einen breiteren Einsatz von langfristigen Opioid-Erhaltungstherapien (auch: Drogensubstitution). Dazu wurden allgemeine Richtlinien erstellt, die am Dienstag vor Journalisten präsentiert wurden. Verlangt werden zudem mehr Suchtambulanzen.

In Österreich gibt es laut dem Weltdrogenreport aus dem Jahre 2004 zwischen 50.000 und 70.000 Abhängige von Opioiden wie Heroin oder diversen Schmerzmitteln. Nur jeder Zehnte davon erhält jedoch eine Langzeiterhaltungstherapie mit synthetischen Opioiden, die derzeit als die am Erfolg versprechendste Behandlung von Suchtkrankheiten gilt. Für die Universitätsprofessorin Fischer ist das zu wenig: „Es wird zu viel Wert auf den Entzug an sich gelegt. Abstinenz ist zwar wichtig, greift aber zu kurz und reicht als lebenserhaltende Maßnahme nicht aus.“

Das Ziel ist daher, „möglichst viele Opioidabhängige in eine Erhaltungstherapie zu bringen“, erklärte Christian Haring, Vorsitzender der Sektion Sucht bei der ÖGPP. Im Gegensatz zur Kurzentzugsbehandlung – bei der ein schnelles „Clean“-Werden im Mittelpunkt steht, die jedoch die Gefahr einer erhöhten Mortalität birgt – werden Patienten in der Opioiderhaltungstherapie nach gelungenem Entzug auf Basis einer langsamen Reduktion des verschriebenen Opiods (legale Ersatzdrogen wie z.B. Methadon, Buprenorphin oder retardierte Morphine) behandelt.

Ziel dieser Therapieform, die Jahrzehnte dauern kann, sei zum einen, den Patienten lange in Behandlung zu halten bei einer möglichst niedrigen Rückfallquote. Zum anderen sollen die Sterblichkeitsrate sinken, der Zusatzkonsum illegaler Substanzen sowie das Infektionsrisiko übertragbarer Krankheiten wie AIDS oder Hepatitis reduziert werden. Das führe zu einer Verbesserung der Lebensqualität und der Volksgesundheit sowie zu einer Senkung der Kriminalitätsrate, so Fischer.

Um die bestmögliche Betreuung auf dem Weg zur langfristigen Substanzfreiheit zu gewährleisten, sind laut ÖGPP Richtlinien notwendig. Das betrifft die Verschreibungs- und Ausfolgemodalitäten bei den Medikamenten sowie eine adäquate Ausbildung für behandelnde Ärzte. Fischer pocht in diesem Zusammenhang auf eine exakte psychiatrische Diagnostik: „Suchtkranke weisen in der Regel mehrere psychische Begleitkrankheiten auf, die behandelt werden müssen. Neben der psychopharmakologischen Betreuung ist daher auch eine psychoedukative, psychosoziale Therapie notwendig.

Um einen größeren Einsatz von Opioiderhaltungstherapien durchführen zu können, verlangen Gabriele Fischer und die ÖGPP mehr Suchtambulanzen. „Zwei Drittel der Patienten werden derzeit von Allgemeinmedizinern therapiert. In jedem Schwerpunktspital sollte es eine Suchtambulanz geben. Vor allem in den Bundesländern muss sich einiges tun, da Drogensucht kein rein urbanes Phämonen mehr ist“, erklärte Fischer, die von der Politik eine bessere Ausfinanzierung fordert. Im Hinblick auf die Suchtmittelverordnung hofft Haring, dass Restriktionen bei der Medikation (retardierte Morphine) sowie für behandelnde Ärzte durch Amtsärzte ausbleiben. Sein wesentliches Anliegen an die Gesellschaft ist: „Suchtkranke sind kranke Menschen und keine Kriminellen. Eine Stigmatisierung ist nicht angebracht.“

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