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Gefälschte Arzneimittel aus dem Internet

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Weltweit entfallen zehn Prozent des Pharmamarktes auf gefälschte Medikamente. In den entwickelten Ländern sind es weniger als ein Prozent, in der Dritten und Vierten Welt hingegen 80 Prozent.

Verstärkte Medienmeldungen zu diesem Thema riefen am Mittwoch österreichische Experten bei einer Pressekonferenz in Wien auf den Plan. Fazit: Im legalen Pharma-Vertriebsweg ist in Österreich noch nie ein Falsifikat aufgetaucht. Die Fälschungen kommen aus dem dubiosen Versandhandel, vor allem von “Internet-Apotheken”. Die meisten kriminellen Produkte stammen aus China.

“Ein Kilogramm Viagra-Wirkstoff kostet 90.000 Euro. Ein Kilogramm Heroin kostet 50.000 Euro. Da ist ein großes kriminelles Potenzial dahinter. (…) Mit seiner Gesundheit sollte man nicht experimentieren. Ich lasse mir die Bremsen beim Auto, ja auch vom Fachmann reparieren”, erklärte Leopold Schmudermaier, Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer.

Alexander Hönel von der Pharma-Vigilanz-Abteilung der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES): “Der Vertrieb (von Pharma-Fälschungen, Anm.) und die Gefährdung der Bevölkerung steigen ständig. Wir haben hier Steigerungen von mehreren hundert Prozent. Der Schaden durch Arzneimittelfälschungen wurde für 35 Mrd. US-Dollar (22,3 Mrd. Euro, Anm.) geschätzt. 2007 wurde mit falschem Viagra ein Umsatz von zwei Mrd. Euro gemacht, mit dem echten ein Umsatz von 1,8 Mrd. Euro. Auf dem illegalen Markt sind 50 Prozent der Medikamente gefälscht, bei den ‘Erektionshilfen’ sind es zu mehr als 90 Prozent gefälschte Präparate, die in den Markt kommen.”

Kein Inhaltsstoff, toxische Substanzen, veränderte und nicht zugelassene Wirkstoffe in Generikart – die Bandbreite bei den kriminellen Produkten ist groß. Den Mengenzuwachs merkt auch der österreichische Zoll. Herbert Leschgitz vom Kompetenzzentrum für Gewerblichen Rechtsschutz (Zollamt Villach): “Wir haben im Jahr 2005 nur 50 Stück gefälschte Tabletten angehalten, vergangenes Jahr waren es rund 42.000. Das Kuvert ohne Beipackzettel – verrückt, dass man das zu sich nimmt.” Des Mannes “liebstes Kind”, die Potenz bzw. die Mittel gegen Impotenz, der Wunsch nach dem Verlust überflüssiger Kilos (Schlankheitspillen), Anabolika, aber auch bereits angebliche Phyto-Medikamente und Homöopathika (hier sogar im Veterinärbereich) aus zweifelhaften Quellen sind die Renner.

Wobei offenbar die Volksrepublik China, die derzeit mit der Sommerolympiade in der “Auslage” der internationalen Medienwelt steht, eine Hauptrolle spielt. Leschgitz: “China ist die Fälschungshochburg.” Der Weg der aus krimineller Produktion stammenden Arzneiwaren führt offenbar häufig auf einer Odessa-Connection in den Westen. In dem Hafen kommen täglich 800 Container aus China an – und mit ihnen die Fälschungen. Nicht ganz verständlich könnte da sein, dass andererseits die internationalen Pharmakonzerne offenbar aus Kostengründen immer mehr auf die Produktion pharmazeutischer Wirksubstanzen in China zurückgreift. Dort kam es jüngst auch zu offenbar absichtlich herbeigeführten Qualitätsmängeln bei Heparin mit späteren Todesfällen in mehreren Staaten durch ordnungsgemäß registrierte Präparate. Daneben aber blüht die Schattenwirtschaft.

Der Generalsekretär des Verbandes der pharmazeutischen Unternehmen (Pharmig), Jan Oliver Huber: “Wir empfehlen allen Patienten, Arzneimitteln nur von seriösen Anbietern zu kaufen oder abzuholen, zum Beispiel in öffentlichen Apotheken.” Auch im Internet gebe es aber “legale und seriöse Anbieter”. Einen wesentlichen Schutzfaktor stellt auch der vollsortierte pharmazeutische Großhandel dar. Der Präsident des Verbandes dieser in Österreich tätigen acht Unternehmen: “Wir haben keine Fälschungen in der legalen Vertriebskette. Wir haben überhaupt noch nie so etwas in Österreich gehabt.”

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