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Gefährliche Liebschaften in Wien

APA
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Liebe als Gesellschaftsspiel, als Manipulation, als Gewalt: Nach der deutschsprachigen Erstaufführung von Christopher Hamptons „Gefährlichen Liebschaften“ im Theater in der Josefstadt 1987 sind sie jetzt wieder da.

1989 wurde der gleichnamige Film von Stephen Frears mit drei Oscars prämiert. Gestern, Donnerstag, Abend bescherte die Neu-Inszenierung von Janusz Kica dem Josefstadt-Publikum einen unterhaltsam-frivolen, jedoch nicht immer geschmackssicheren und teils etwas langatmigen Premierenabend.


Hauptverantwortlich dafür, dass nach fast drei Stunden langer Applaus mit Bravo-Rufen folgte, zeichnete die Hauptdarstellerin Andrea Jonasson in der Rolle der Marquise de Merteuil.
Mit treffenden Bonmots und abgeklärter Dekadenz ausgestattet, verlieh sie der gleichsam ehrlichen wie grausamen Frau an der Spitze der Eitelkeiten jene intrigant-oberflächliche Souveränität, die manchmal sogar an die große Glenn Close im Film erinnert.

„Liebe ist etwas, das man benützt, und nichts, dem man verfällt.“ Dieser Satz der Marquise spiegelt eigentlich die Ausgangssituation des gesamten Stücks wider.

An ihrer Seite inszenierte sich Intendant Herbert Föttinger einmal mehr selbst als unwiderstehliche Männerfigur – und durchaus gelungen. Wenn er als verdorbener Vicomte de Valmont seinen Spaß mit den diversen Frauenfiguren hat und als Spielgefährte der Marquise die Gefühle der Menschen um sich herum missbraucht, scheint die bittere Wendung des Stücks am Ende noch fast nicht absehbar.

Doch auch bei einem rücksichtslosen Kerl wie dem Vicomte können plötzlich moralische Zweifel und sogar zärtliche Empfindungen auftauchen. Und so wird das Spiel bald ernst und läuft auf eine simple Formel hinaus: „Siegen oder sterben.“

Tanz, halbnackt

Dass diese Entwicklung fast drei Stunden dauert, wäre eigentlich nicht nötig. Das hohe Tempo der Anfangsphase wird durch lange Erklärungen noch vor der Pause gedrosselt, die hohe Zahl halbnackt tanzender Frauen (darunter Hilde Dalik als Cecile und Maya Bothe als Emilie) sorgt dazu weder für erotische Stimmung noch für einen kohärenten Handlungsverlauf.

Wo der Film mit zwei Stunden gut auskommt, nimmt die Bühnenfassung des einst skandalträchtigen Briefromans von Choderlos de Laclos doch gerne ein paar Umwege in Kauf. Regisseur Kica beschränkte sich auf eine solide Inszenierung – in alten Wänden und alter Sprache, aber immerhin neuen Gewändern.


Ansonsten werden Aktualitätsbezüge höchstens angedeutet, aber selten ausgeführt. Im Zentrum des Stücks steht der Kampf zwischen Lust und Liebe, sexuellem Verlangen und tugendhafter Moral.

So richtig Emotionen zu wecken vermag der Abend dabei jedoch trotz braver Ensembleleistung (u.a. Maria Köstlinger und Louise Martini) nicht.

„Ich hoffe, dass mein Spiel (dich) nicht gelangweilt hat, das wäre unverzeihlich“, sagt die Marquise am Schluss zu Valmont (und dem Publikum). Das hat es mit Sicherheit nicht – aber dass schlussendlich die Verfechter der Tugend moralisch die Oberhand behalten, hat schon Ende der 80er Jahre für Unmut gesorgt.

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