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Gedenken und ein Lichtermeer: Duisburg erinnert an Loveparade-Opfer

Vor fünf Jahren endete die Technoparty mit einer Massenpanik.
Vor fünf Jahren endete die Technoparty mit einer Massenpanik. ©EPA
Die Wunden sind noch längst nicht verheilt - im Gegenteil. Fünf Jahre nach der tödlichen Massenpanik bei der Loveparade gedenkt Duisburg der Opfer. Ministerpräsidentin Kraft erzählt von der Sorge um ihren Sohn.
Bilder: "Nacht der 1.000 Lichter"
Archiv: Schock und Trauer in Duisburg
Massenpanik in Duisburg: Viele Tote

Zum fünften Jahrestag der Loveparade-Katastrophe brechen Wut und Trauer bei vielen Betroffenen wieder auf. Nach der “Nacht der 1000 Lichter” am Donnerstagabend will die Stadt Duisburg am Freitagabend (17.45 Uhr) mit einer öffentlichen Gedenkfeier an die 21 Menschen erinnern, die am 24. Juli 2010 bei einer Massenpanik erdrückt wurden. Mehr als 500 Menschen wurden damals verletzt. Viele Hinterbliebene hadern damit, dass die Justiz bei der Aufarbeitung der Vorfälle kaum vorankommt. Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) bedauert die schleppende Aufarbeitung des Loveparade-Unglücks.

Landesgericht hat noch keine Entscheidung getroffen

“Leider können die Betroffenen so noch keinen Abschluss finden. Das macht mich traurig”, sagte Kraft dem Magazin “Stern”. Die Verfahren seien aber komplex und müssten sorgfältig geführt werden. Auch fünf Jahre nach der Katastrophe hat das Landgericht Duisburg noch nicht entschieden, ob ein Prozess gegen mehrere Mitarbeiter der Stadt Duisburg und des Loveparade-Veranstalters wegen fahrlässiger Tötung eröffnet wird.

Bereits am Donnerstag hatten am Ort der Katastrophe mehrere Dutzend Trauernde bei einer “Nacht der 1000 Lichter” der Toten und Verletzten gedacht. Angehörige und Organisatoren teilten Grablichter an die Teilnehmer aus. 1000 Kerzen schmückten den Unglücksort. Auf einer Treppe stellten Angehörige 21 Blumentöpfe ab. Einige weinten. Andere suchten Trost in Gesprächen oder Umarmungen.

Neue Gedenktafel in sieben Sprachen

Eine neue Gedenktafel spendet Trost in sieben Sprachen – dort heißt es etwa: Love never ends, el amor no acaba nunca, Liebe hört niemals auf. Es sind die sieben Muttersprachen der Menschen, die am 24. Juli 2010 bei der Massenpanik ums Leben gekommen sind. Vor der Gedenktafel umarmen sich Betroffene. Andere tragen schwarze Shirts mit dem Aufdruck “Du lebst in unseren Herzen ewig weiter”.

GERMANY LOVE PARADE MEMORIAL
GERMANY LOVE PARADE MEMORIAL ©Neue Gedenktafel: “Liebe hört niemals auf” in sieben Sprachen. (Bild: EPA)

Bei der offiziellen Gedenkfeier am Freitagabend wollten Künstler ein großes Blütenbild als Symbol des Friedens und der Vergänglichkeit auslegen. Auch Ministerpräsidentin Kraft wurde erwartet. “Es wird eine stille Teilnahme sein”, sagte ihr Sprecher und bestätigte damit Angaben des WDR. Für die Gedenkfeier breche die Regierungschefin ihren Urlaub ab.

Angehörige erheben schwere Anschuldigungen

Sohn der Ministerpräsidentin war mit dabei

Der Sohn der Politikerin war damals selbst auf dem Festivalgelände. Über Stunden hinweg habe sie nicht gewusst, ob ihm oder seinen Freunden etwas passiert war. Als sie endlich die Nachricht erhielt, dass die Gruppe unversehrt geblieben war, sei das ein “unglaublich befreiender Moment” für sie gewesen, sagte Kraft dem “Stern”.

Die anschließende Trauerfeier sei für sie sehr schwierig gewesen. “Ich habe sehr schnell nicht mehr nur die Zahl der Opfer gesehen, sondern konkrete Menschen. Ich sehe Gesichter und kenne ihre Geschichte. Das verändert den Blick.” Sie fügte hinzu: “Was ich mir vorwerfe: Ich habe zu spät die Dimension des großen Leids der vielen Verletzten und Traumatisierten erfasst.”

Die Opfer der Loveparade

Die Loveparade-Tragödie kostete 21 Menschenleben. Die Frauen und Männer im Alter zwischen 17 bis 38 Jahren wurden im Gedränge an einem Tunnel im Zugangsbereich des Veranstaltungsgeländes erdrückt oder zu Tode getreten. Aus der ganzen Welt waren Technofans angereist – so stammen die Todesopfer aus Deutschland, den Niederlanden, China, Australien, Spanien und Italien. Mehr als 500 Besucher wurden verletzt, viele von ihnen schwer. Vermutlich Tausende erlitten im Gedränge psychische Schäden. Angehörige und Trauma-Opfer schlossen sich in mehreren Initiativen zusammen.

In diesem Herbst soll die juristische Aufarbeitung beginnen. Ab September geht es allerdings nicht um strafrechtliche Schuld, sondern zunächst um Ansprüche auf Schadenersatz und Schmerzensgeld. Terminiert sind bislang 5 von 19 Zivilverfahren, in denen die Kläger für ihre Leiden nach dem Unglück entschädigt werden wollen.

Die Loveparade-Tragödie und ihre bisherige Aufarbeitung

Die Loveparade in Duisburg im Sommer 2010 endete in einer Katastrophe. 21 Menschen starben, Hunderte wurden verletzt. Die politische und juristische Aufarbeitung der Tragödie:

  • 24. Juli 2010: Vor dem Eingang zum Loveparade-Gelände entsteht eine Massenpanik. Menschen werden erdrückt oder niedergetrampelt.
  • 27. Juli 2010: Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) nennt Rücktrittsforderungen gegen ihn nachvollziehbar, bleibt aber im Amt.
  • 31. Juli 2010: Bei einer Trauerfeier nehmen Tausende in Duisburg Abschied von den Opfern. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hält eine bewegende Trauerrede.
  • 18. Januar 2011: Die Staatsanwaltschaft Duisburg nimmt Ermittlungen gegen den damaligen Einsatzleiter der Polizei sowie gegen Mitarbeiter der Stadt und des Veranstalters Lopavent auf. Sauerland und Lopavent-Chef Rainer Schaller gehören nicht zu den Beschuldigten.
  • 12. Februar 2012: Die Duisburger stimmen in einem Bürgerbegehren mit großer Mehrheit für die Abwahl des Oberbürgermeisters.
  • 24. Juli 2013: Am dritten Jahrestag wird eine neue Gedenkstätte am Unglücksort eröffnet. Lange hatten die verschiedenen Opfergruppen und der Besitzer des Grundstücks, ein Möbelhaus-Investor, um die Gestaltung des Geländes gerungen. Nun erinnern 21 Holzkreuze und eine Gedenktafel an die Opfer.
  • 11. Februar 2014: Die Staatsanwaltschaft Duisburg erhebt Anklage gegen sechs Mitarbeiter der Stadt und gegen vier Mitarbeiter des Veranstalters wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung.

(DPA, APA)

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