Gedenken an Giftgaskatastrophe in Bhopal
Sie zogen am Donnerstag durch die zentralindische Stadt zu der früheren Pestizid-Fabrik, wo am 3. Dezember 1984 tausende Menschen durch den Austritt von Dutzenden Tonnen giftiger Gase ums Leben gekommen waren. Sie forderten, die Verantwortlichen für die Katastrophe zur Rechenschaft zu ziehen.
Mit einer Mahnwache vor der Industriebrache hatten zuvor Hunderte von Trauernden kurz nach Mitternacht an den Beginn der Katastrophe vor einem Vierteljahrhundert erinnert. Vertreter der Opferverbände warfen erneut den Behörden im Bundesstaat Madhya Pradesh vor, zu wenig für die Überlebenden und die Reinigung der verseuchten Böden zu tun.
Aus einem Gastank der Fabrik, in welcher der US-Gigant Union Carbide Pflanzenschutzmittel für Indiens “grüne Revolution” produzieren ließ, waren in der Nacht zum 3. Dezember 1984 40 Tonnen hochgiftiges Methylisocyanat (MIC) entwichen und hatten sich über die dichtbesiedelten Armenviertel von Bhopal gesenkt. Nach Angaben der indischen Regierung starben bis zu 10.000 Menschen in den ersten drei Tagen nach der Giftgaskatastrophe, rund 100.000 weitere leiden demnach bis heute an den Spätfolgen. Menschenrechtsorganisationen sprechen von bis zu 30.000 Todesopfern.
Auf dem Fabrikgrundstück lagern nach Angaben von Umweltaktivisten noch immer tonnenweise giftige Chemikalien, die den Boden und das Wasser in einem Umkreis von bis zu fünf Kilometern verseuchten. Tausende weitere Tonnen lagern in sogenannten “Verdunstungsteichen”, in denen Union Carbide über Jahre hinweg bis zu dem Unfall seine Abfälle geworfen hatte.
Für die Sanierung ist seit 1998 die Regierung von Madhya Pradesh zuständig. Doch bis heute ist sie ihrer Aufgabe nach Angaben der Bhopal-Verbände nur halbherzig nachgekommen. Während die Behörden erklären, die Industriebrache sei sicher, weisen jüngste Studien um das Vielfache erhöhte Giftkonzentrationen im Grundwasser auf. Indiens Regierungschef Manmohan Singh versprach nun weitere Anstrengungen für sauberes Trinkwasser und zur Sanierung des Fabrikgeländes.
In einer Erklärung zum Jahrestag der Katastrophe erinnerte der US-Konzern Dow Chemical, der 1999 Union Carbide übernommen hatte, an die bereits geleisteten Entschädigungszahlungen in Höhe von 470 Millionen Dollar (zurzeit rund 316 Millionen Euro). Union Carbide habe “alles in seiner Macht Stehende getan, um den Opfern zu helfen”. Für die weiteren Konsequenzen seien die indischen Behörden zuständig.
Union Carbide und die indische Regierung hatten sich 1989 auf die Zahlung von 470 Millionen Dollar geeinigt, im Gegenzug wurden damals alle Strafverfolgungen gegen mögliche Verantwortliche fallengelassen. Der Konzern erklärte seinerzeit, das Unglück sei durch Sabotage ausgelöst worden.