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GB: Vier Guantanamo-Häftlinge frei

Vier Briten, die nach jahrelanger Haft in dem umstrittenen US-Gefangenenlager Guantanamo an Großbritannien übergeben worden waren, sind dort ohne jede Auflage freigelassen worden.

„Gegen sie liegt nichts vor“, sagte ein Sprecher der Londoner Polizei Scotland Yard am Donnerstag der dpa. „Sie sind freie Bürger wie Sie und ich und können gehen, wohin sie wollen.“ Sie müssten sich nicht wieder bei der Polizei melden und folglich als unbescholtene Bürger betrachtet werden.

Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums wurde dagegen von der britischen Nachrichtenagentur PA mit den Worten zitiert: „Ich glaube, Großbritannien hatte einfach nicht die nötigen Informationen, um diese Personen anzuklagen“. Die britischen Behörden hätten den USA aber versprochen, „die nötigen Schritte zu unternehmen“, um sicherzustellen, dass von den Männern keine Gefahr mehr ausgehe.

Die vier Moslems waren am Dienstag nach fast drei Jahren Haft von den USA freigelassen und nach Großbritannien geflogen worden. Bei ihrer Ankunft wurden sie von der britischen Polizei erneut festgenommen, von einer Antiterroreinheit verhört, doch nach 28 Stunden endgültig freigelassen. Fünf andere britische Guantanamo-Häftlinge, die bereits im vergangenen Jahr freigekommen waren, waren ebenfalls ohne Auflagen freigelassen worden. Vier von ihnen haben die US-Regierung wegen Folter und Verletzung der Menschenrechte verklagt.

Auch die jetzt freigekommenen Häftlinge sprechen zum Teil von Folter. So berichtete der Anwalt des 37-jährigen Moazzam Begg aus Birmingham in der Zeitung „The Guardian“, sein Mandant sei geschlagen, mit dem Tode bedroht und „psychologisch gefoltert“ worden. Einmal hätten die Amerikaner vorgetäuscht, seine Frau in einem Nebenraum zu foltern. Er habe die Schreie einer Frau gehört. 2002 sei er einen Monat lang jeden Tag geschlagen worden, und seine Peiniger hätten ihm gedroht, bald komme er nach Ägypten, und dort beginne die „richtige“ Folter. „Ich kann Ihnen garantieren, dass wir die amerikanische Regierung verklagen werden“, sagte Anwalt Clive Stafford.

Begg hatte in Birmingham einen islamischen Buchladen geführt, bevor er 2001 nach Afghanistan ging, das damals noch von den Taliban regiert wurde. Seine Familie sagt, er habe dort „Wohltätigkeitsarbeit“ verrichtet. Doch nach US-Angaben unterstützte er die Taliban und das Terrornetz Al Kaida.

Feroz Abbasi (24), ein anderer der jetzt freigelassenen Häftlinge, erlitt während seiner Gefangenschaft nach eigenen Angaben einen Nervenzusammenbruch. Martin Mubanga (32) sagte, er sei lange Zeit hintereinander gefesselt gewesen worden. Richard Belmar (25) wurde nach eigener Darstellung ebenfalls misshandelt. Nach US-Angaben handelt es sich um fanatische Islamisten, die in Al-Kaida-Lagern für den Kampf gegen den Westen ausgebildet wurden.

Innenminister: Keine Anklage gegen britische Guantanamo-Häftlinge

Nach bis zu drei Jahren Haft im berüchtigten US-Gefangenenlager für Terrorverdächtige sind die letzten vier britischen Guantànamo-Häftlinge wieder in Freiheit. Die britischen Behörden ließen die vier Männer am Mittwochabend ohne Anklage frei. Innenminister Charles Clarke betonte am Donnerstag, die Ermittler seien zu dem Schluss gekommen, dass „keine ausreichenden Beweise für eine Anklage vorliegen“. Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums sagte dagegen, die US-Regierung halte die Ex-Gefangenen weiterhin für eine „bedeutende Bedrohung“. Der Vater eines der Gefangenen berichtete, sein Sohn habe in Guantànamo „die Hölle“ durchlitten.

Clarke sagte der BBC, London sei sich „der Sorgen der USA“ angesichts der von den Ex-Häftlingen ausgehenden Bedrohung bewusst und habe „sämtliche Schritte ergriffen, um die nationale Sicherheit zu schützen“. Die vier Männer im Alter zwischen 25 und 36 Jahren waren in den Jahren 2001 und 2002 von den US-Behörden unter Terrorverdacht festgenommen worden. Alle hatten sich vor ihrer Festnahme in Afghanistan oder Pakistan aufgehalten. Sie wurden ins Gefangenenlager Guantànamo in Kuba gebracht und dort ohne Anklage oder Prozess festgehalten. Am Dienstag wurden sie an Bord einer US-Militärmaschine in ihre Heimat zurückgebracht und dort einen Tag lang vernommen, bevor sie schließlich auf freien Fuß gesetzt wurden.

Der Vater des 36-jährigen Ex-Häftlings Moazzam Begg sagte, sein Sohn sei „glücklich, aber er kehrt aus der Hölle zurück“. Sein Sohn habe sich lediglich zu wohltätigen Zwecken in Afghanistan aufgehalten, sagte Azmat Begg dem Fernsehsender GMTV. Er sei in Guantànamo mehr als 300-mal verhört worden, und es lägen keinerlei Beweise gegen ihn vor. Nach seiner Freilassung sei Moazzam sofort zu seiner Frau und seinen vier Kindern heimgekehrt, von denen das jüngste nach seiner Festnahme auf die Welt kam. Der 36-Jährige sei trotz seiner Erlebnisse „sehr ruhig und entschlossen“ und wolle jetzt für diejenigen kämpfen, die noch auf Guantànamo festgehalten seien.

Nach Angaben ihrer Anwälte wurden die vier Männer in dem US-Gefangenenlager gefoltert. Im März 2004 waren bereits fünf britische Guantànamo-Häftlinge heimgeschickt worden. Nach einem kurzen Verhör durch die britischen Behörden wurden auch sie auf freien Fuß gesetzt. Nach ihrer Freilassung berichteten sie ebenfalls über Misshandlungen in dem Gefangenenlager.

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