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GB: Verhandlung für Frieden in Nordirland

Zu einer der wohl letzten Verhandlungsrunden über die Zukunft der Provinz Nordirland kommen die Konfliktparteien am Mittwoch im schottischen St. Andrews zusammen.

Der britische Nordirland-Minister Peter Hain sprach von „der letzten Gespräch für eine ganze Generation.“ Können sich Republikaner und Unionisten bis 24. November nicht über die künftige Zusammenarbeit einigen, wird die seit vier Jahren suspendierte Selbstverwaltung für die Provinz von den Regierungen in London und Dublin dauerhaft übernommen.

Zu den Gesprächen in dem schottischen Ort, der für seine Universität und seinen Golfkurs berühmt ist, kommen die Premierminister Großbritanniens und Irlands, Tony Blair und Bertie Ahern, sowie die wichtigsten Vertreter Nordirlands, darunter Gerry Adams, der Chef der republikanischen Partei Sinn Fein, und Ian Paisley, der Führer der Democratic Unionist Party. Da die beiden langjährigen Kontrahenten das direkte Gespräch miteinander bis zuletzt verweigerten, wartet auf die Vermittler harte Arbeit.

Dabei stehen die Chancen auf einen Erfolg gut wie lange nicht. Erst in der Vorwoche hat eine unabhängige Untersuchungskommission der Irisch-Republikanischer Armee (IRA), die 30 Jahre mit einem Untergrundkrieg die Ziele der Republikaner herbeibomben wollte, bescheinigt, ihr Waffenarsenal soweit abgebaut zu haben, dass sie zu einem Terrorkampf nicht mehr in der Lage sei. Zudem habe die IRA die Anwerbung von Kämpfern eingestellt, unterstütze alte Guerilleros nicht mehr und verweise Sympathisanten an Sinn Fein, den traditionellen politischen Arm der Organisation.

Erhebliche Fortschritte konnten die vier unabhängigen Experten auch auf Seite der unionistischen Untergrundgruppen, wenngleich diese „noch weit hinter jenen der Republikaner“ zurückblieben. Entsprechend euphorisch fielen die Reaktionen der Politiker aus. Blair sprach von einer „einzigartigen Chance“ für den Frieden, Hain bezeichnete den bewaffneten Kampf als „endgültig vorbei“. Selbst der bärbeißige Pastor Paisley musste substanzielle Fortschritte einräumen, für die er freilich „den Druck der DUP“ verantwortlich machte.

Dennoch bleiben heikle Fragen ungeklärt. So lehnt Sinn Fein als letzte wichtige Verhandlungspartei weiter die vorliegenden Pläne für eine nordirische Polizeitruppe ab. Zwar wurde durch Reformen schon in den letzten Jahren die Zahl der Katholiken in der Provinz-Polizei deutlich erhöht. Dennoch fürchtet Sinn Fein nach jahrzehntelanger Erfahrung Benachteiligung und Diskriminierung der Katholiken durch die Polizei in Nordirland. Ein weiterer ungeklärter Punkt ist die ministerielle Aufsicht durch die Provinzregierung über die Polizeitruppe.

Nach dem Karfreitags-Abkommen von 1998 führen die beiden stärksten Parteien der beiden nordirischen Volksgruppen die Provinzverwaltung. Die kleineren Gruppierungen sind anteilsmäßig ebenfalls vertreten. Indem man allen gewählten Parteien eine Mitbestimmungsmöglichkeit gab, wollten die Architekten des Friedensabkommens möglichst alle Seiten zur Mitarbeit gewinnen. In der Praxis führte das Konzept freilich oft zur gegenseitigen Stilllegung. Aus Unzufriedenheit über den politischen Prozess wurden in den vergangenen Jahren auf beiden Seiten die radikalen Parteien zu den stärksten Kräften.

Die Selbstverwaltung ist seit Oktober 2002 wegen eines angeblichen Spionagerings der Republikaner aufgehoben. Die damaligen Vorwürfe stellten sich mittlerweile als falsch heraus. Immerhin aber vollzog die IRA in den vergangenen Jahren die lange von ihr verlangte endgültigen Abkehr vom bewaffneten Kampf. Allerdings bleibt die Gruppe in die Organisierte Kriminalität verstrickt. Auch diese Frage harrt noch einer Lösung.

Die Nordirland-Problematik stand für Tony Blair stets hoch oben auf der Tagesordnung. Das Karfreitags-Abkommen 1998 war ein erster großer politischer Erfolg für den Premier nach weniger als einem Jahr im Amt. Nun, wo sich seine Karriere dem Ende zuneigt, wäre ein Durchbruch bei der Übergabe der Selbstverwaltung an Nordirland ein passender Abschluss.

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