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GB: Terrorgefahr durch Kriegsteilnahme

Ein renommiertes britisches Forschungsinstitut hat der These von Regierungschef Tony Blair widersprochen, der Irak-Krieg habe nichts mit den Bombenanschlägen von London zu tun.

„Der Krieg im Irak hat Al Kaida Auftrieb gegeben“, heißt es in einem am Montag veröffentlichten Bericht des Königlichen Instituts für Internationale Angelegenheiten (RIIA) in London, auch bekannt unter dem Namen Chatham House.

Der Krieg habe die Propaganda von Al Kaida sowie die Rekrutierung islamistischer Kämpfer und die Beschaffung finanzieller Mittel für das Terrornetzwerk angekurbelt, heißt es in dem Bericht „Sicherheit, Terrorismus und das Vereinigte Königreich“. Zudem sei der Irak für Terroristen mit Al-Kaida-Verbindungen ein ideales Planungs- und Trainingsgebiet.

Ein zentrales Problem des britischen Anti-Terror-Kampfes sei, dass die Londoner Regierung diesen in engem Schulterschluss mit den USA führe, allerdings nicht als gleichberechtigter Entscheidungsträger, sondern eher als Beifahrer, der das Steuer dem Verbündeten überlassen habe. Als engster Verbündeter der USA, der Truppen für den Irak und den Kampf gegen die radikalislamischen Taliban in Afghanistan bereitgestellt habe, und wegen seiner führenden Rolle im Anti-Terror-Kampf sei das Vereinigte Königreich „besonders in Gefahr“.

Die britische Regierung wies die Kritik zurück. „Die Zeit für Entschuldigungen für den Terrorismus ist vorbei“, sagte Außenminister Jack Straw am Rande des EU-Außenministertreffens in Brüssel. „Ich bin überrascht, dass das Chatham House sagt, wir hätten nicht Seite an Seite mit unseren langjährigen Verbündeten in den USA auftreten sollen“, sagte Straw, der derzeit auch den Vorsitz im EU-Außenministerrat führt. „Die Terroristen haben in der ganzen Welt zugeschlagen. In Ländern, die mit den USA verbündet sind und den Krieg unterstützten, und in Ländern, die mit dem Krieg überhaupt nichts zu tun hatten.“

Verteidigungsminister John Reid sagte in einem BBC-Interview, Großbritannien müsse die Terroristen konfrontieren. Jedes Kind wisse, dass es nichts nütze, vor Schikanierern davonzulaufen. Gegenüber dem US-Sender CNN bestätigte Reid indes, dass London eine Reduzierung der im Irak eingesetzten Truppen erwägt. Die Zahl der Soldaten könnte in den nächsten zwölf Monaten von derzeit 8.500 auf 3.000 Mann verringert werden, sagte der Verteidigungsminister.

Eineinhalb Wochen nach den Anschlägen in London hat die größte Organisation sunnitischer Muslime in Großbritannien den Terror als Sakrileg verurteilt. Der Rat der Sunniten erklärte am Sonntag in einer Fatwa, einem Religionsedikt, die Anschläge hätten Grundsätze des Islams verletzt. Der Rat der Sunniten (Jama’at e Ahl e Sunnat) betonte in seiner Fatwa, „Grausamkeiten, die in Palästina und im Irak verübt werden“ seien keine Rechtfertigung für Terroranschläge. „Wer hat irgendjemandem das Recht gegeben, andere zu töten? Das ist eine Sünde. Jeder, der Selbstmord begeht, kommt in die Hölle“, erklärte Mufti Muhammad Gul Rehman Qadri, der Vorsitzende des Rats der Sunniten, in Birmingham.

Drei der vier Selbstmordattentäter von London haben im vergangenen Jahr Pakistan besucht. Shehzad Tanweer und Mohammad Sidique Khan seien gemeinsam am 19. November 2004 über Istanbul nach Karachi geflogen, teilte die Einwanderungsbehörde am Flughafen Karachi am Montag mit. Beide seien weiter nach Lahore gereist, wo Tanweer eine Koranschule besucht haben soll. Der dritte Selbstmordattentäter, Haseeb Hussein, flog nach Angaben der Einwanderungsbehörde im Juli 2004.über Saudiarabien nach Pakistan.

Die pakistanischen Behörden teilten am Montag keine Einzelheiten darüber mit, was die drei Männer während ihres Aufenthaltes in Pakistan unternommen haben. Die Einwanderungsbehörde veröffentlichte Bilder der späteren Attentäter, die von Überwachungskameras aufgenommen worden waren. Die Kameras waren nach den Anschlägen vom 11. September 2001 an allen internationalen Flughäfen Pakistans installiert worden, um einreisende Passagiere zu erfassen. Bei den Anschlägen in London waren 55 Menschen getötet worden, darunter auch die vier Attentäter.

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