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GB: Seit 2000 Tagen gegen Blair

Seit mehr als 2000 Tagen demonstriert der 58-jährige Brite Brian Haw nun schon rund um die Uhr gegen die Irak-Politik von Premierminister Tony Blair.

Irgendwie gehört er zum Alltag von Westminster schon dazu. Ebenso wie Big Ben oder das überlebensgroße schwarze Denkmal, das vor dem britischen Parlamentsgebäude an Premierminister Winston Churchill erinnert. Gleich daneben hat Brian Haw sein Lager aufgeschlagen – und das schon seit fünfeinhalb Jahren. Seit mehr als 2000 Tagen demonstriert der 58-jährige Brite nun schon rund um die Uhr gegen die Irak-Politik von Premierminister Tony Blair. Die Aktion hat ihn zum prominentesten britischen Protestler gemacht, mit einer eigenen Homepage und einem Eintrag im Internet-Lexikon Wikipedia.

Für den Regierungschef ist der hartnäckige Demonstrant inzwischen zu einer echten Plage geworden. Mit einer Bannmeile rund ums Parlament wollte ihn die Labour-Regierung auch schon ein für alle Mal vertreiben. Aber erst diese Woche hat Haw vor Gericht Recht bekommen. Er darf vorerst bleiben. Alle Protestaktionen, die es schon vor der neuen Bannmeilen-Regelung gab, sind von dem Erlass ausgenommen. Also darf der Vater von sieben Kindern weitermachen mit seinem „Leben des Brian“.

Sein Protest-Quartier mit Blick auf Big Ben hat Haw im Juni 2001 bezogen. Auslöser waren damals die Sanktionen gegen den Irak. Als der Krieg knapp zwei Jahre später doch begann, wurde sein Platz vor dem Westminster-Parlament zur Anlaufstelle für Pazifisten aus der ganzen Welt. Auf dem Höhepunkt der Proteste saß Haw vor einer 30 Meter langen Plakatwand – bis die Polizei in einer Mainacht des vergangenen Jahres die meisten Parolen entfernte. Heute besteht seine Kulisse nur noch aus drei Metern.

Dafür dokumentiert seit diesem Monat eine Ausstellung namens „State Britain“ im altehrwürdigen Museum Tate Britain sein Engagement. Der britische Künstler Mark Wallinger hat die riesige Protestwand, wie sie vor der Polizeiaktion stand, rekonstruiert. Das Medieninteresse war riesig. Die BBC will sogar eine Dokumentation über Haws Friedensmarathon drehen. Doch der ehemalige Tischler selbst hat den Spaß am Medienrummel verloren.

Fünfeinhalb Jahre auf der Straße haben Spuren hinterlassen. Vor allem ist die Welt nicht friedlicher geworden. „Ich habe es satt, dumme Fragen zu beantworten. Da draußen sterben Menschen, viele Kinder. Und das interessiert niemanden“, sagt Haw. Nachdem er sich wieder beruhigt hat, erzählt er, dass er sein Leben im Protestcamp nicht besonders hart finde. „Es ist doch viel härter, wenn die Bomben fallen.“

Seit der Räumungsaktion wollen Brians Unterstützer ihn nicht mehr alleine demonstrieren lassen. Hinter den Plakaten sind drei Zelte aufgebaut, in denen auch andere Kriegsgegner Tag und Nacht verbringen. Die meisten Touristen beobachten das Geschehen nur von der anderen Straßenseite. Auch Maria Burkhardt (53) aus Stuttgart hat die Plakate auf ihrem Weg zur Tate Britain nur flüchtig wahrgenommen. Die Ausstellung hat ihr dann die Geschichte erzählt, die dahinter steckt. „Das ist eine tolle Sache. Ich wusste das alles gar nicht.“

Die Ausstellung in der Tate Britain ist noch bis August zu sehen. Und Haw schickt jetzt viele, die mit ihm sprechen wollen, lieber ins Museum. „Lasst mich in Ruhe, ich bin müde. Geht einfach in die Ausstellung.“

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