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GB: Kelly "wichtigtuerischer Fantast"

Die britische Regierung ist vor der Kelly-Beerdigung erneut unter Druck. Ein Blair-Sprecher beschreibt den Ex-Waffeninspektor als wichtigtuerischen Fantasten.

Einen Tag vor der Beerdigung des britischen Waffenexperten David Kelly steht die Regierung von Tony Blair im Zusammenhang mit der Affäre um den Selbstmord des früheren UNO- Waffeninspektors erneut unter Druck. Ein Sprecher des britischen Premierministers soll Kelly nach Zeitungsberichten vom Dienstag als wichtigtuerischen Fantasten dargestellt haben. Aus den Reihen von Blairs Labour-Partei und der Opposition wurden umgehend Rücktrittsrufe laut.

Der stellvertretende Premierminister John Prescott, der den auf Barbados im Urlaub weilenden Blair in London vertritt, bemühte sich angesichts der bevorstehenden Beerdigung des Wissenschaftlers und der Untersuchung von Lordrichter Brian Hutton zu den Umständen von Kellys Selbstmord um Schadensbegrenzung. „Ich vertraue darauf, dass niemand aus den Reihen der Regierung vor der Beerdigung und während der Hutton-Untersuchung Kommentare zu Dr. Kelly abgibt“, hieß es in einer Stellungnahme Prescotts. Kelly wird an diesem Mittwoch beigesetzt.

Die „Financial Times“ und der „Guardian“ berichteten, Blairs Pressesprecher Tom Kelly habe den früheren Regierungsberater und UNO-Waffeninspektor in einem Gespräch mit einem Journalisten als „Walter Mitty“-Charakter bezeichnet. Dies ist eine in Großbritannien bekannte erfundene Figur, die sich wegen ihrer eigenen Bedeutungslosigkeit in Fantasien flüchtet, in denen sie ein Held ist. David Kelly habe in einem Gespräch mit einem BBC-Journalisten zu einem seiner Meinung nach von der Regierung absichtlich aufgebauschten Bericht über die Gefährlichkeit des inzwischen gestürzten irakischen Präsidenten Saddam Hussein mehr erzählt, als er gewusst habe, soll der Pressesprecher zur Begründung gesagt haben.

Am Regierungssitz Downing Street wurde der Name des Pressesprechers nicht bestätigt, sondern lediglich, dass ein informelles Gespräch mit der Zeitung stattgefunden habe. Dabei seien Äußerungen möglicherweise „missverstanden“ worden, hieß es.

Die frühere Ministerin und prominente Labour-Abgeordnete Glenda Jackson beschuldigte die Regierung, sie wolle „aus einem Opfer einen Schurken machen“. Der für die Äußerungen Verantwortliche müsse hinausgeworfen werden, sagte sie. In diesem Sinne äußerte sich auch ein Sprecher der Liberaldemokraten.

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