Der UNO-Sicherheitsrat verurteilte die Kommandoaktion gegen die pro-palästinensischen Aktivisten und forderte eine Untersuchung. Der langjährige Verbündete Türkei machte die israelische Führung für ein “blutiges Massaker” verantwortlich. Die Organisatoren der gestoppten Hilfsflotte erklärten am Dienstag, zwei weitere Schiffe seien bereits auf dem Weg in die Region.
Ein Frachtschiff und ein Schiff mit etwa 35 Menschen an Bord würden in den kommenden Tagen erwartet, teilte die Organisation Free Gaza Movement mit. Auch sie wollten versuchen, die Blockade zu durchbrechen. Das israelische Außenministerium erklärte, die Regierung habe ihre Politik gegenüber den Aktivisten nicht geändert.
Die Erklärung des UNO-Sicherheitsrats fiel schwächer aus, als von den Palästinensern, den arabischen Staaten und der Türkei gefordert. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu nannte den israelischen Militäreinsatz “staatlich begangenen Mord” und Piraterie. Der stellvertretende israelische UNO-Botschafter Daniel Carmon sagte, der Schiffskonvoi sei keine humanitäre Mission gewesen, und die Organisatoren würden radikale Islamisten wie die Hamas unterstützen.
Bei mindestens vier der von Israel getöteten Gaza-Aktivisten handelt es sich nach Angaben der Regierung in Ankara um türkische Staatsbürger. Die fünf übrigen fünf Toten seien vermutlich ebenfalls Türken. Frankreich verlangte von Israel Zugang zu bis zu zehn nach der blutigen Militäraktion inhaftierten Franzosen.
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan verurteilte den israelischen Angriff als “blutiges Massaker”. Nach einem Krisentreffen mit der militärischen Führung des Landes sprach er von einem Angriff “auf das internationale Recht, das Gewissen der Menschheit und den Weltfrieden” und forderte eine “Bestrafung” Israels. Außenminister Davutoglu forderte von den USA vor einem Treffen mit seiner Kollegin Hillary Clinton eine Verurteilung des israelischen Einsatzes.
In einer gemeinsamen Erklärung riefen die EU und Russland Israel dazu auf, die Grenze zum Gazastreifen sofort für Hilfsgüter und normale Waren zu öffnen sowie Palästinenser ungehindert passieren zu lassen. UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon erklärte, zu dem Zwischenfall wäre es nie gekommen, hätte Israel auf die wiederholten internationalen Appelle gehört, die Blockade des Küstengebiets aufzuheben.
NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen vermied dagegen nach einer Sondersitzung des NATO-Rates eine offene Kritik Israels. Er drückte lediglich sein “tiefes Bedauern über den Verlust von Menschenleben” aus und erklärte, die NATO unterstütze die Forderung des Sicherheitsrates und der EU nach einer “raschen, unparteiischen, glaubwürdigen und transparenten Untersuchung” des Vorfalls. Rasmussen forderte “dringend” auch die Freilassung der Festgenommenen und die Freigabe der Schiffe.
Auch innenpolitisch geriet die israelische Regierung in Erklärungsnot. Das Militär räumte Fehler bei dem umstrittenen Marine-Einsatz ein. “Es ist klar, dass die Ausrüstung zum Auseinandertreiben der Menge mangelhaft war”, sagte der Chef der Streitkräfte, Gabi Ashkenazi. An dem Vorfall beteiligte leitende Marine-Soldaten deuteten ein Versagen der Nachrichtendienste an. Bei der Planung des Einsatzes sei ein solcher Widerstand der Aktivisten nicht erwartet worden, sagte ein ungenannter Leutnant dem Armeeradio. Israelische Zeitungen griffen die Verantwortlichen scharf an, in der Presse war von einem Fiasko die Rede.
Unter dem Eindruck des gewaltsamen Abfangmanövers öffnete Ägypten seine Grenze zum Gazastreifen und lockerte damit die von Israel verhängte Blockade. Bis auf weiteres könnten Palästinenser die Grenze ungehindert passieren, teilten die Behörden mit. Der ägyptische Grenzübergang Rafah ist der einzige, der nicht vollständig von Israel kontrolliert wird. Seit der Machtübernahme der radikalen Hamas im Gazastreifen vor drei Jahren hat Ägypten den Übergang nur selten geöffnet und die Blockade damit unterstützt, mit der Israel Waffenlieferungen an die Extremisten unterbinden will.
Bei einem Luftangriff in Gaza wurden nach Angaben der militanten Organisation Islamischer Jihad drei ihrer Mitglieder getötet. Die drei Kämpfer hätten kurz vor dem Angriff Raketen nach Südisrael abgefeuert. Dabei wurde laut israelischen Angaben niemand verletzt. Die israelischen Streitkräfte bestätigten den Luftangriff. Bei einem weiteren Zwischenfall wurden nach Militärangaben zwei militante Palästinenser getötet, die versuchten, vom Gazastreifen aus nach Israel zu gelangen.