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Gaddafis gute Beziehungen zu Österreich: Kreisky machte Anfang

Jörg Haider und Hubert Gorbach bei Gaddafi
Jörg Haider und Hubert Gorbach bei Gaddafi ©APA
Der am Donnerstag laut arabischen Medienberichten offenbar getötete libysche Machthaber Muammar al-Gaddafi hatte während seiner 42-jährigen Herrschaft traditionell gute Beziehungen zu Österreich.

Geknüpft wurden diese ursprünglich vom “Sonnenkönig” Bruno Kreisky. Zuletzt standen eher Kontakte mit der FPÖ (und dem BZÖ) im Mittelpunkt. Libysche Gelder in Österreich wurden im März eingefroren. Kreisky, SPÖ-Regierungschef von 1970 bis 1983, pflegte mit Gaddafi Kontakt, weil er offenbar dachte, den Revolutionsführer auf diese Weise berechenbar zu machen. Kreisky besuchte Gaddafi im Februar 1975 im Rahmen seiner Goodwill-Tour zu arabischen Diktatoren, und lud ihn 1982 nach Österreich ein.

Am 10. März 1982 kam der umstrittene Revolutionsführer zu einem viertägigen Staatsbesuch nach Österreich. Es handelte sich um den ersten offiziellen Besuch in einem westlichen Land seit der Gründung der “Sozialistischen Libysch-Arabische Jamahiriyya” 1977. Sowohl Gaddafi als auch Kreisky bezeichneten das Treffen als Erfolg. Übereinstimmung gab es in den Auffassungen zum Nahostkonflikt und insbesondere dessen Kernproblem, der palästinensischen Frage. Im September des gleichen Jahres hielt sich Gaddafi dann nochmals kurz in Österreich auf.

Die Opposition in Österreich übte scharfe Kritik am Gaddafi-Besuch und stellte eine Dringliche Anfrage im Parlament. Innenminister Erwin Lanc (S) wies die vielen Behauptungen, dass Libyen den internationalen Terrorismus unterstütze, als unzutreffend oder zumindest unbewiesen zurück. Heftige Kritik am Besuch des Revolutionsführers in Wien übte auch die israelische Presse.

Gaddafi schon damals Staatsfeind der USA

Gaddafi war schon damals international isoliert. 1982 hielt er sich seit fast 13 Jahren an der Macht und galt bereits als exzentrischer Extremist und Strippenzieher des internationalen Terrorismus. Die USA hatten ihn zu einem ihrer wichtigsten Staatsfeinde erklärt. Daher sorgte der Umstand, dass dieser Mann nach Wien kam, international für erhebliches Aufsehen.

Kreisky setzte sich auch nach Ende seiner Amtszeit immer wieder für Libyen ein. Im Februar 1986 sprach der Altkanzler zunächst mit Gaddafis Stellvertreter Abdel-Salam Jallud auf Malta, bevor er selbst nach Libyen reiste und dort den “Revolutionsführer” persönlich traf. Im Dezember 1989 erhielt Kreisky den höchsten libyschen Orden, den “Al-Fatah-Orden erster Klasse”, für seine Verdienste um die “internationale Revolution” und den “Kampf gegen Rassismus und Zionismus”, wie es damals hieß.

Fortsetzung durch Haider

Gaddafi und sein Clan blieben Österreich verbunden. Sein Sohn Saif al-Islam studierte in Wien, und unterhielt enge Beziehungen zum 2008 verunfallten Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider und damaligen FPÖ-Funktionären. Haider: Ein “lieber, netter Kerl”. Saif kam nach dem Tod Haiders auch zu den Begräbnisfeierlichkeiten nach Klagenfurt.Gaddafis Tochter Aisha war oft in Wien, die Familie hat hier eine Villa. Haider war des öfteren in Tripolis. Zudem sollen angeblich Dutzende Millionen von Gaddafi an die Haider-FPÖ geflossen sein. Weil Haider “nicht nach der zionistischen Pfeife tanzt”, wie die “Wiener Zeitung” einmal berichtete. Der ehemalige Haider-Vertraute Walter Meischberger hatte in einem Tagebuch notiert, Gaddafi habe der FPÖ insgesamt 45 Millionen Euro überwiesen, das Geld sei auf Haider-Konten in Liechtenstein gelandet. Bewiesen wurden die Geldflüsse bisher allerdings nicht.  

Auf Anordnung der Bundesregierung sperrte die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) am 1. März aber die Konten der Gaddafi-Familie in Österreich. Auf heimischen Konten sollen rund 1,2 Milliarden Euro aus der Familie des libyschen Diktators und ihrem Dunstkreis veranlagt gewesen sein. Die OeNB bestätigte damals das Vorhandensein der Gelder, wobei die genauen Besitzer erst eruiert werden müssten. Mittlerweile wurde ein kleiner Teil der Gelder auf Antrag des libyschen Übergangsrates wieder freigegeben.

Für weniger Aufregung sorgte, dass im Mai 1999 Benita Ferrero-Waldner (V), damals Staatssekretärin im Außenministerium, nach Libyen reiste. Sie war das erste Mitglied der österreichischen Bundesregierung, das Libyen nach Ende der UNO-Sanktionen im April der gleichen Jahres besuchte. Ferrero-Waldner setzte sich später als EU-Außenkommissarin für die Freilassung der in Libyen festgehaltenen bulgarischen Krankenschwestern ein; die Bemühungen wurden letztlich im Juli 2007 von Erfolg gekrönt.

Libyen: Wichtiger Wirtschaftspartner

Für die österreichische Wirtschaft war der Ölstaat Libyen wiederum bereits seit längerem ein wichtiger Partner. Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl stattete Tripolis erst im November 2009 mit einer 40-köpfigen Wirtschaftsdelegation einen Besuch ab. Leitl sah damals Libyen als ein “Land mit Zukunft”, dessen Aufschwung “in den Startlöchern” stehe. “Daher müssen wir jetzt hier sein, um dann in der Zielgeraden dabei zu sein.”

1999 hatte Haider das erste Mal Libyen besucht. Im Mai 2000 flog er erneut dorthin, vorerst ohne jede Öffentlichkeit. Der Besuch bei Gaddafi wurde aber bekannt, und bald entspann sich eine heftige Diskussion im Land. Mit an Bord waren auch der damalige Vorstandschef der Kärntner Hypo-Alpe-Adria Bank, Wolfgang Kulterer, sowie etliche Geschäftsleute. Zehn Jahre später stellte sich dann heraus, dass die Hypo Haiders Ticket bezahlt hatte. In einer parlamentarischen Anfragebeantwortung hatte Haider ausgesagt, die Flugkosten seien “aufgeteilt” worden.

Im Juni 2000 absolvierte Haider gleich den nächsten Besuch im Wüstenstaat, wo er wieder mit Gaddafi zusammentraf. Diesmal hatte er eine große Wirtschaftsdelegation aus Kärnten dabei, von Ölgeschäften und Investitionen Gaddafis in die Hypo war die Rede. Viel Konkretes ergab sich letztlich aber nicht.

Im Herbst 2001 flog Haider mit dem damaligen Verteidigungsminister und Parteifreund Herbert Scheibner nach Libyen, 2003 mit Vizekanzler Hubert Gorbach (F) und einer Delegation. Da traf er sich erneut mit dem Revolutionsführer, über die wirtschaftlichen Erfolge des Besuches ist nichts bekannt.

Gaddafi-Sohn Saif stellte Gemälde im Palais Auersperg aus (2004), kam zum Opernball (2006) oder schaute bei einer Büro-Eröffnung von Haiders langjährigem Vertrauten Karl-Heinz Petritz in Klagenfurt vorbei (2007).

Gab es diplomatische Verwicklungen, bot Haider flugs seine Vermittlungstätigkeit an. Ob es sich um bulgarische Krankenschwestern handelte, die zum Tode verurteilt wurden oder um in der Sahara gekidnappte Salzburger, Haider machte Schlagzeilen mit Aussagen wie: “Ich habe mehrmals mit Saif al-Islam Gaddafi telefoniert”, eine Lösung sei “auf dem Weg”. Auch beim Konflikt zwischen der Schweiz und Libyen nach der vorübergehenden Festnahme von Muammars Sohn Hannibal in Genf mischte Haider zumindest verbal mit. Er bot 2008 seine Vermittlung an.

2002 gründete Haider 2002 die österreichisch-libysche Gesellschaft, die “einen Beitrag zum Friedensprozess im Nahen Osten” leisten sollte. Präsident wurde Jörg Haider, die prominenten Mitglieder rekrutierten sich fast ausschließlich aus der FPÖ bzw. später dem BZÖ. Ehrenpräsident war Saif al-Islam al-Gaddafi. Im Jahr nach Haiders Tod, im Sommer 2009, übernahm seine Witwe Claudia die Präsidentschaft der Gesellschaft.

Zuletzt sorgte der Wiener FPÖ-Stadtrat David Lasar für Aufsehen, der Mitte Juli nach Tripolis zu Gesprächen mit Vertretern des Gadaffi-Regimes gereist war. Dort traf er unter anderem den libyschen Vizeaußenminister Khalid Kayem und Gaddafis Sohn Saif al-Islam. Die Reise sei von der FPÖ bezahlt worden, die Vertreter Gaddafis hätten lediglich ein Auto und Bewacher gestellt.

Saif al-Islam hätte sich ihm gegenüber zu Verhandlungen mit den Rebellen bereiterklärt, sagte Lasar damals. Bedingung dafür sei ein Ende der NATO-Bombardements. Die FPÖ stehe auch mit Vertretern der Rebellen in Kontakt und sei zur Vermittlung zwischen den Konfliktparteien bereit. FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache wies in diesem Zusammenhang Vorwürfe zurück, seine Partei habe Finanzmittel aus libyschen Quellen erhalten.

 

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