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G8-Finanzminister einig über Schuldenerlass

Die Finanzminister der sieben führenden Industriestaaten und Russlands (G8) haben sich am Samstag bei ihrem Treffen in London auf einen Schuldenerlass für die ärmsten Länder der Welt geeinigt.

18 Staaten Afrikas würden sofort Kredite in Höhe von mehr als 40 Milliarden Dollar (32,7 Mrd. Euro) erlassen, sagte der britische Schatzkanzler Gordon Brown beim Treffen der G-8-Finanzminister am Samstag in London. Weitere neun Länder könnten sich zudem in zwölf bis 18 Monaten ebenfalls für die komplette Streichung ihrer Schulden bei Institutionen wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank und der Afrikanischen Entwicklungsbank qualifizieren.

Über die Ausgestaltung und den Umfang eines Hilfsplans für die ärmsten Länder bestand lange Zeit große Uneinigkeit zwischen den G-8-Ländern. Großbritannien und die USA traten für einen fast vollständigen Schuldenerlass ein. Dagegen wollten Deutschland, Frankreich und Japan nur Schuldendienste für zunächst fünf Länder übernehmen, und das nur nach bestimmten Kriterien.

Der amerikanisch-britische Vorschlag beinhaltete eine Entlastung von zunächst 18, später 27 oder noch mehr Länder.

Deutschlands Finanzminister Hans Eichel nannte den Schuldenerlass „einen historischen Beschluss“. „Für uns war ganz entscheidend, dass er solide finanziert ist“, sagte Eichel nach dem G-8-Ministertreffen in London. Auch die in der EU diskutierte Abgabe auf Flugtickets zur Finanzierung von Entwicklungshilfe gehöre nun offiziell zum Arbeitsprogramm der G-8.

Eichel setzte das Volumen des Schuldenerlasses, von dem letztlich 37 arme Länder, vor allem in Afrika profitieren könnten, mit 55 Milliarden Dollar über 40 Jahre an. Über zehn Jahre gesehen seien es 15,6 Milliarden Dollar, für die nächsten drei Jahre 3,6 Milliarden Dollar. Auf Deutschland kämen damit in den nächsten drei Jahre Zusatzlasen von 130 bis 150 Millionen Euro zu, beziehungsweise 700 bis 950 Millionen Euro für die nächsten zehn Jahre, fügte Eichel an.

Die Finanzminister aus den USA, Großbritannien, Frankreich, Kanada, Deutschland, Italien, Japan sowie Russland waren in der britischen Hauptstadt zusammengetroffen, um den G8-Gipfel Anfang Juli in Gleneagles (Schottland) vorzubereiten.

Attac fordert Schuldenerlass für wesentlich mehr arme Länder

Der Österreichische Ableger des globalisierungskritischen Netzwerks Attac begrüßt zwar die jüngste Entschuldungsinitiative der G-8-Staaten, kritisiert aber gleichzeitig, dass die Mehrzahl der armen Länder aus der Initiative ausgeschlossen blieben. Nur 18 Länder kämen in den Genuss der von den acht führenden Industriestaaten am Samstag verkündeten Schuldenstreichung. 40 ebenfalls hoch verschuldete arme Länder wurden „vergessen“, beklagte Attac-Entschuldungsexpertin Miriam Rehm in einer Aussendung am Montag.

Insgesamt würden nur etwa 2 Prozent der Gesamtschulden der Entwicklungsländer erlassen, und das auch nur mit Auflagen. „Wer brav war und die neoliberalen Rezepte des Internationalen Währungsfonds umgesetzt hat, wurde belohnt“, meinte Rehm. Für diese 18 Länder sei der Schuldenerlass tatsächlich signifikant – ihre Auswahl „ist allerdings willkürlich und ignoriert die strukturellen Probleme der Verschuldung“. Nach Ansicht von Attac darf der Bedarf an Schuldenerlass nicht von den Gläubigern selbst festgelegt werden. Stattdessen müsse er anhand objektiver Bedürfniskriterien wie den Milleniums-Entwicklungszielen der UNO berechnet werden. Ebenso sollte der Schuldenerlass nicht weiterhin an Strukturanpassungsprogramme des IWF gekoppelt werden, sondern auf Grund der Bedürfnisse der Bevölkerung gewährt werden.

Anlässlich des jüngst erschienenen World Wealth Reports schlägt Attac Österreich die Besteuerung der Vermögen der „High Net Worth Individuals“ (Personen mit mindestens einer Million US-Dollar Finanzvermögen) vor. Ihr Vermögen sei in den letzten Jahren um sieben Prozent auf 30 Billionen US-Dollar (24.5 Billionen Euro) angewachsen. Ein Prozent globale Solidaritätsabgabe würde jährlich 300 Milliarden US-Dollar einspielen. „Die Vermögen der Superreichen wachsen jährlich um 6,5 Prozent. Ein Prozent würden sie gar nicht spüren und ist noch viel zu wenig, um das Aufreißen der Schere zwischen Arm und Reich zu stoppen. Aber es wäre ein erster großer Schritt anstelle der peanuts, die die G-8 gerade zusammenkratzen“, so Rehm abschließend.

Auch Vatikan mahnt: G-8-Schuldenerlass reicht nicht aus

Auch der Vatikan begrüßt den von den G-8-Staaten beschlossenen Schuldenerlass für 18 Entwicklungsländer begrüßt, bewertet aber sein Ausmaß als zu gering. Die Streichung von Schulden armer Länder beurteilte er als positiv, sie reiche aber nicht aus, sagte der Sekretär des Päpstlichen Wohlfahrtsrats „Cor Unum“, Karel Kasteel, am Montag.

Die internationale Gemeinschaft hätte seiner Auffassung nach mehr für die Länder tun müssen, deren Bevölkerung von Hunger bedroht ist. Gerade einmal drei Industriestaaten hätten bisher ihre Versprechen in Sachen Entwicklungshilfe gehalten, beklagte der Vatikan-Vertreter.

Die acht führenden Industriestaaten (G-8) haben sich am Samstag auf einen historischen Schuldenerlass für die ärmsten Länder der Welt geeinigt. Der britische Finanzminister Gordon Brown erklärte am Samstag in London, damit würden 18 Länder auf einem Schlag von 40 Milliarden Dollar (33 Milliarden Euro) Schulden befreit. Weitere 20 Staaten könnten ebenfalls profitieren, wenn sie die notwendigen Kriterien erfüllten. Brown sprach von einem „neuen Abkommen zwischen den Reichen und den Armen auf der Welt“.

Von der Übereinkunft der Finanzminister der G-8-Staaten profitieren unter anderen die afrikanischen Länder Äthiopien, Benin, Burkina Faso, Ghana und Mali, außerdem die lateinamerikanischen Staaten Bolivien und Guyana. Weitere 20 Länder könnten in das Programm der „Heavily Indebted Poor Countries Initiative“ (HIPC-Initiative) einbezogen werden, wenn sie die Korruption bekämpfen und gute Regierungsarbeit leisten. Allein die Staaten südlich der Sahara schulden den internationalen Geberorganisationen rund 68 Milliarden Dollar.

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