Gemeinsamkeit demonstrierte die G-8 vor allem mit ihrer Sorge, dass in Nahost ein Flächenbrand entstehen könnte. Der Brandherd müsse daher schnell ausgetreten werden.
In der Frage, wer die Schuld an der Misere trägt, wurden indes die Differenzen deutlich: hie der Israel-Freund US-Präsident George W. Bush, da die Israel-Kritiker mit Gastgeber Wladimir Putin und der Europäischen Union. Doch auch bei anderen Themen hatte die Harmonie Grenzen: Energiepolitik, Klimapolitik, Demokratie-Entwicklung und Iran-Atomstreit.
Daraus aber zu schließen, die Gruppe der – ehemals? – mächtigsten Länder der Welt habe sich überlebt, ist vielleicht etwas vorschnell. Zum einen gab es auch in der Vergangenheit heftige Meinungsverschiedenheiten, wie etwa beim Streit um den Irak-Krieg. Zum zweiten gilt, was erst jüngst wieder der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück zu derartigen Spitzen-Treffen anmerkte: das wichtigste sind vielleicht weniger die Themen, als der sehr persönliche Kontakt zwischen den Top-Akteuren dieser Welt. Das zahle sich dann aus, wenn es zu Krisen komme und schnelles koordiniertes Handeln gefragt ist – etwa nach den Anschlägen vom 11. September 2001.
Und dennoch, die G-8-Struktur bleibt in der Diskussion. Das machte der alte Gipfel-Hase Tony Blair kurz vor dem Treffen in St. Petersburg deutlich. Der britische Premierminister kündigte an, dort eine Erweiterung auf eine Gruppe der 13 (G-13) vorzuschlagen. Blair sieht China, Indien, Brasilien, Mexiko und Südafrika als künftige Kandidaten für den Gipfel. Sein Argument: die Welt hat sich verändert. Um wirkungsvoll zur Lösung weltweiter Probleme beizutragen, reiche das Gewicht der G-8-Länder – die USA, Kanada, Russland, Deutschland, Italien, Frankreich, Großbritannien und Japan – nicht mehr aus. Politisch, vor allem aber auch wirtschaftlich, hätten sich die Gewichte verschoben, seien Länder wie China, Indien und andere zu einflussreichen Mächte herangewachsen.
Die Diskussion gibt es nicht zum ersten Mal. Auch der frühere deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte sie schon einmal angestoßen. Nun aber heißt es in der Berliner Regierung: Das Thema wird keine Rolle spielen. Letztlich hat die G-8 aber ähnliche Probleme wie die UNO- mit dem UNO-Sicherheitsrat oder der Internationale Währungsfonds (IWF): Reformen sind nötig, die alten Strukturen entsprechen nicht mehr den Realitäten. Die G-8 repräsentiert 44 Prozent des Bruttosozialprodukts in der Welt und 14 Prozent der Weltbevölkerung. Mit den von Blair vorgeschlagenen Ländern wären es 70 Prozent beziehungsweise 56 Prozent der Weltbevölkerung.
Zudem leistet sich die G-8 derzeit eine Diskussion in ganz anderer Richtung. Ist Russland mit Defiziten in Sachen Demokratie und Marktwirtschaft überhaupt ein geeignetes G-8-Mitglied, fragten Kritiker aus dem US-Kongress kürzlich. Und auch US-Präsident George W. Bush hielt sich mit entsprechenden kritischen Anmerkungen in St. Petersburg nicht zurück. Die Amerikaner haben die Russen sehr gequält, berichtete ein langjähriger G-8-Teilnehmer mit Blick auf die Vorbereitungen. Deutschland hat da eine klare Position. Wir sind froh, dass Russland dabei ist, sagt ein ranghoher Regierungsvertreter. Schließlich sei die G-8 eine auf westlichen Werten beruhende Runde. Mit seiner Mitgliedschaft verpflichte sich das Land diesen Werten. Putin selbst beansprucht das Recht, dass sein Land seinen eigenen Weg zur Demokratie findet – Kritik hin, Kritik her. Machen Sie sich keine Sorgen um die Entwicklung der Demokratie, beschied er kürzlich Kritikern.