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Fünf Jahre nach Tod Mutter Teresas

In dem Haus nahe dem Kali-Tempel in Kalkutta hat sich nicht viel geändert. „Nirmal Hriday“ heißt es, das „Reine Herz“. Vor genau 50 Jahren wurde es von Mutter Teresa eröffnet.

Kein Ende des Spendensegens

Viele tausend Menschen, die Ärmsten der Armen, haben hier inzwischen die letzten Tage ihres Lebens verbracht. Schwestern in weißen Saris mit blauem Rand und Freiwillige pflegen die sterbenden Frauen und Männer. Geändert hat sich seit dem Tode Mutter Teresas vor fünf Jahren (5. September) vor allem eines: „Sie kam häufig hierher und hatte für jeden ein paar aufmunternde Worte“, erinnert sich eine Pflegerin.

Im „Mutterhaus“ in Kalkutta spüren viele Schwestern zumindest ihre spirituelle Anwesenheit. „Auf eine neue Art ist Mutter noch bei uns und leitet uns“, sagt Mutter Teresas Nachfolgerin Schwester Nirmala (68). Auch im öffentlichen Bewusstsein ist die Nonne lebendig wie eh und je. Als das Magazin „Outlook“ nach der größten Persönlichkeit des unabhängigen Indiens fragte, nannten die meisten Mutter Teresa. Agnes Gonxha Bojaxhiu war 1910 als Tochter albanischer Eltern geboren worden. 1929 ging sie nach Indien, gründete 1950 die „Missionarinnen der Nächstenliebe“ und starb 1997 in Kalkutta.

Nach ihrem Tod hatten manche das Ende des Spendensegens aus aller Welt vorhergesagt. Sie irrten sich. „Seit Mutters Tod haben wir 97 Häuser eröffnet und sind in acht neue Länder gegangen“, sagt Schwester Nirmala. Die Zahl der Schwestern und Brüder wuchs auf 4.750, die Zahl der Häuser auf 691, und der Orden ist jetzt in 130 Ländern aktiv. „Genau wie Mutter glauben auch wir, dass Gott uns mit allem Nötigen versorgt, solange wir sein Werk tun“, meint Schwester Nirmala.

Dass Mutter Teresa nicht in Vergessenheit gerät und die Spenden weiter fließen, liegt auch am Heiligsprechungsprozess. Eigentlich hätte er nach dem Kirchenrecht erst jetzt, fünf Jahre nach ihrem Tode, beginnen dürfen. Aber der Papst änderte die Regeln. Die Befragung von Zeitzeugen und das Sammeln von Wunderberichten in Kalkutta sind längst abgeschlossen, und nach jüngsten Gerüchten könnte Mutter Teresa schon im Oktober selig gesprochen werden, die Vorstufe zur Heiligsprechung.

Die Missionarinnen der Nächstenliebe beten dafür. „Wenn Mutter selig gesprochen wird, bedeutet das auch eine Anerkennung der Ärmsten der Armen“, sagt Schwester Nirmala, „der Schutzlosesten, der Ungeborenen, der Entstellten, der geistig Behinderten, aller Kinder Gottes“. Die Wohlhabenden immer wieder auf Notleidende hinzuweisen, dafür ließ Mutter Teresa auch zu Lebzeiten keine Gelegenheit aus. Als sie 1979 den Friedensnobelpreis bekam, lehnte sie das Festbankett ab und gab das Geld für ein Weihnachtsfest für 2000 Arme aus.

Die Schlichtheit ihres Auftretens und ihrer Botschaft provozierte, sie hatte auch Gegner. Reporter schrieben über Sterbende auf den Straßen Kalkuttas, die in keinem der Häuser Mutter Teresas Hilfe fänden. Angesichts des unvorstellbaren Ausmaßes von Elend und Obdachlosigkeit in Indien wirkten diese Artikel jedoch naiv.

Schwerer wog schon der Vorwurf, der Orden ändere nichts an den Ursachen der Armut. Jeder müsse das tun, wozu er berufen sei, lautete Mutter Teresas Entgegnung. Sie fühlte sich berufen, denen zu helfen, die sterbend auf der Straße lagen. Dafür hatte sie das bequemere Leben als Lehrerin wohlhabender Töchter aufgegeben.

Häufig wird dem Orden Missionierung vorgeworfen. Aber Waisenkinder in den Häusern Mutter Teresas werden nicht getauft, sie sollen im Glauben der Adoptiveltern aufwachsen. „Wir dienen den Ärmsten der Armen. Es spielt keine Rolle, welcher Religion sie angehören“, sagt Schwester Nirmala. Dazu passt, dass der Orden als Wunder für den Seligsprechungsprozess das Schicksal eines Hindu-Mädchens anführte. Es sei todkrank gewesen und geheilt worden, nachdem seine Eltern nach dem Tode Mutter Teresas um deren Fürsprache gebetet hatten.

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