Deutschlands erfolgreichster Dorfverein klopft vehement an die Tür zur deutschen Fußball-Bundesliga. Nach dem fünften Erfolg im fünften Pflichtspiel des Jahres geraten selbst die unter die Räder gekommenen Zweitliga-Rivalen ins Schwärmen über die TSG 1899 Hoffenheim. “Auch Bayern München hat Profis von hoher spielerischer Qualität. Doch Hoffenheim hat aus seinen Möglichkeiten mehr gemacht”, sagte Trainer Claus-Dieter Wollitz, nachdem sein VfL Osnabrück am Sonntag 0:3 verloren und eine Lehrstunde erhalten hatte.
Den Begriff Durchmarsch nimmt Feldherr Ralf Rangnick nicht in den Mund, obwohl sich seine Mannen in der Spitzengruppe festgesetzt haben. Doch das wird selbst für den sprachgewandten Trainer allmählich zum verbalen Eiertanz. “Natürlich spielen wir im Moment wie ein Aufsteiger. Aber das Thema Aufstieg interessiert uns nicht. Wir haben noch zwölf Spiele vor uns. Wenn wir am Ende der Saison in akute Aufstiegsgefahr geraten, hat niemand etwas dagegen”, sagt Rangnick.
Mit 37 Punkten sei noch keine Mannschaft aufgestiegen, mit 37 Zählern seien schon Vereine abgesteigen. Der 49-Jährige, dessen Elf nach der 22. Runde als Tabellendritter auf einem Aufstiegsplatz liegt, führte den Club aus dem 3300-Einwohner-Ort Hoffenheim, der zur Gemeinde Sinsheim gehört, in die Zweite Liga und durfte vor dieser Saison für 20 Millionen Euro Spieler einkaufen. Mit dem SSV Ulm gelang Rangnick schon einmal der Durchmarsch von der Regionalliga in die Bundesliga.
Während die “Spatzen” schnell wieder in der Versenkung verschwanden, ist das Projekt Hoffenheim langfristig angelegt und mit Namen wie dem Ex-Hockey-Bundestrainer Bernhard Peters und dem Psychologen des Nationalteams, Hans- Dieter Hermann, verbunden. Dass Mäzen Dietmar Hopp, laut “manager magazin” mit einem geschätzten Vermögen von 6,3 Milliarden Euro der neuntreichste Deutsche, irgendwann abspringt, diese Angst hat in Hoffenheim kaum einer.
Der Mitbegründer des Software-Giganten SAP, so versicherte Rangnick, würde das Projekt testamentarisch auf seine Söhne übertragen: “Für 20, 30 Jahre ist alles völlig abgesichert.” Erstaunlich schnell war es Rangnick gelungen, aus den afrikanischen und brasilianischen Ballkünstlern eine Mannschaft zu formen. Dank der Winter-Einkäufe Andreas Ibertsberger (AUT/SC Freiburg) und Marvin Compper (Borussia M’Gladbach) sowie Torwart Ramazan Özcan (AUT) von Red Bull Salzburg wurden inzwischen auch die Probleme in der Defensive gelöst.
“Wir müssen in dieser Saison gar nichts, aber wir wollen eine Menge”, sagte Rangnick. Deutlicher als der ehemalige Lehrer für Englisch und Sport, der einen Vertrag bis zum 30. Juni 2011 hat, äußerte sich Hopp: Zwar hat sich der 67-Jährige den Bundesliga-Aufstieg erst zum 70. Geburtstag gewünscht, gegen eine vorzeitige Bescherung hätte er jedoch nichts: “Wir wollen alles tun, um die Chance am Schopf zu packen.”
Eine vorausschauende Investition hat Hopp dafür bereits geleistet. Mit einer 300.000-Euro-Spende für den Oberligisten SV Waldhof Mannheim und drei Millionen für ein Jugendförderzentrum schuf er ein gutes Klima im 55 Kilometer entfernten Mannheim. Als Bundesligist müsste Hoffenheim seine Heimspiele im dortigen Carl-Benz-Stadion austragen. Die neue Arena in Sinsheim, die Hopp gerade für 30 000 Zuschauer und mit einem Kostenaufwand von 60 Millionen Euro bauen lässt, wird nämlich erst für das Frühjahr 2009 fertig.