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Fritz Grünbaum: Retrospektive im Theatermuseum

Das Wiener Theatermuseum widmet dem „lachenden Philosophen“, der gemeinsam mit Karl Farkas in den Wiener Theatern und Etablissements Erfolge feierte, anlässlich seines 125. Geburtstags ab Donnerstag, bis zum 8. Mai eine Ausstellung.

„Grüß mich Gott, wie geht es mir? Danke gut, und mir?“ Diese Doppelconference mit sich selber stammt von dem vielleicht bedeutendsten österreichische Kabarettisten der Zwischenkriegszeit, Fritz Grünbaum. Das Wiener Theatermuseum widmet dem „lachenden Philosophen“, der gemeinsam mit Karl Farkas in den Wiener Theatern und Etablissements Erfolge feierte, anlässlich seines 125. Geburtstags ab morgen, Donnerstag, bis zum 8. Mai eine Ausstellung, die „dem kleinen Mann die große Aufmerksamkeit bringen soll, die er längst verdient hat“, so Kurator Christoph Wagner-Trenkwitz bei der heutigen Presseführung.


„G’scheit zu blödeln“ war laut Wagner-Trenkwitz die hervorragende Fähigkeit des am 7. April 1880 in der mährischen Stadt Brünn zur Welt gekommenen Grünbaum. „Die Traurigkeit dieses Lebens besteht nur in der Unfähigkeit der Menschen, zu lachen“, schrieb Grünbaum auf die Rückseite seiner Visitkarte und trat zugleich dagegen an. Nach einem Jus-Studium in Wien wurde Grünbaum 1906 als Conferencier in der neu eröffneten „Hölle“, einem Kleinkunsttheater im Souterrain des Theaters an der Wien, engagiert und machte von dort aus seine glänzende Karriere zwischen Kabarett, Operette und Film. Schnell wurde man in Berlin auf den kleinen bebrillten Wortspieler aufmerksam. „Famose Begabung! Viel zu schade für Wien!“, fanden die Berliner und ließen Grünbaum im Kabarett „Chat Noir“ die Conferencen führen.

Opfer der Nazis


In der Doppelconference mit Farkas, „Grönbaum und Firnkas“, spielten die beiden, als Eskimos verkleidet, auf die immer schwerer werdenden Bedingungen im antisemitischen Klima in Österreich und Deutschland an: „Seit die Parole ausgegeben worden ist: ’Lappland den Lappen!’ ist für einen Eskimo nichts mehr zu wollen. Wer nicht seine läppische Abstammung nachweisen kann, hat keine Position.“ Ende Februar 1938 hatte dann die letzte Farkas-Grünbaum-Revue im Wiener Simpl Premiere, im März wurde Grünbaum nach einem gescheiterten Fluchtversuch verhaftet und am 24. Mai in das Konzentrationslager Dachau deportiert, wo er am 14. Jänner 1941 an den Folgen von Folter und Entkräftung starb.


Obwohl unzählige Kabaretttexte, Operettenlibretti (zu Leo Falls „Dollarprinzessin“ oder Emmerich Kalmans „Zigeunerprimas“), Schlagertexte, Revuen, Drehbücher, Couplets und Essays aus Grünbaums gewitzter Feder stammen, konnten die die Kuratoren Wagner-Trenkwitz und Marie-Theres Arnbom nicht auf bestehende Sammlungen zurückgreifen. Auch Grünbaums Frau Lilly starb im Konzentrationslager, „und wo keine Nachkommen, da kein Nachlass“, so Arnbom. Als eine Fundgrube erwies sich das Zensur-Archiv des Niederösterreichischen Landesarchivs, wo alle in Theatern aufgeführten Texte (inklusive der ausgeübten Zensur) darauf warten, „von unzähligen Wissenschaftlern bearbeitet zu werden“, so Arnbom. In zwei Räumen sind die historischen Dokumente zu Leben und Werk gut aufbereitet in begehbaren, halbkreisförmigen Plexiglaszellen ausgestellt, Tonbandaufnahmen ergänzen den Eindruck.


Die Ausstellung, die laut Direktor Thomas Trabitsch nicht der „sentimentalen Pflege von Theater-Legenden“ dienen soll, sondern sie „in ihrem Umfeld, ihrer Gesamtheit“ zeigen will, soll im Frühjahr 2006 in Brünn gezeigt werden und ist daher schon jetzt zweisprachig beschriftet. Anlässlich des Grünbaum-Jubiläums gibt das Theatermuseum eine Biografie des Kabarettisten im Christian Brandstätter Verlag heraus, bei Molden erscheinen unter dem Titel „Vielweiberei“ erotische Gedichte Grünbaums.


Zahlreiche Rahmenveranstaltungen im Theatermuseum sollen die Texte lebendig machen, etwa wenn Miguel Herz-Kestranek und Wagner-Trenkwitz am 2. März und 27. April lesen, singen und erzählen „Ich hab’ einen Hass auf das Publikum“. Das Film Archiv Austria zeigt vom 3. bis 6. März eine Grünbaum-Retrospektive im Metro Kino.

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