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"Friedrich Müller"-Gewinnspiel: Gerhard Bruckberger erneut vor Gericht

Bruckberger soll mit seiner "Friedrich Müller"-Marke in ganz Europa abgezockt haben.
Bruckberger soll mit seiner "Friedrich Müller"-Marke in ganz Europa abgezockt haben. ©Vienna.at/Alexander Blach
Gewinnbenachrichtigungen ohne Gewinn von "Friedrich Müller": Einen Tag, nachdem er wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs nicht rechtskräftig zu vier Jahren Haft verurteilt worden ist, hat der nächste Betrugsprozess gegen Gerhard Bruckberger begonnen.

Der 47-Jährige war das Mastermind hinter einem Firmengeflecht, das unter der Marke “Friedrich Müller” europaweit Gewinnspiele veranstaltete.

Europaweite Abzocke

Dabei soll sich die Firmengruppe aber unlauterer Methoden bedient und Verbraucher in Österreich, Deutschland, der Schweiz, Belgien, Großbritannien und Frankreich abgezockt haben.

Nach dem erstinstanzlichen Schuldspruch für Vorgänge aus dem Jahr 2008 – vermeintliche Gewinner wurden dazu gebracht, Express- oder Bearbeitungsgebühren zu bezahlen -, geht es in dem am Mittwoch im Wiener Straflandesgericht eröffneten Verfahren um eine bereits am 6. September 2007 eingebrachte Anklageschrift. Inkriminiert sind dabei angebliche Betrügereien in Zusammenhang mit dem “Jackpot”-Gewinnspiel.

Satte Gewinne versprochen

Ab dem Jahr 2000 erhielten vorwiegend ältere Personen Post von “Friedrich Müller”. Satte Gewinne wurden ihnen in den massenweise ausgeschickten Briefen in Aussicht gestellt, in weiterer Folge teilweise sogar Terminvereinbarungen mit einem ominösen “Gewinn-Juror” getroffen, der den “Jackpot” vorbeibringen sollte.

Als der Geldsegen ausblieb, wählten etliche Verbraucher die in den Schreiben angegebene Telefonnummer – und durchschauten laut Staatsanwaltschaft Wien nicht, dass ein Anruf 2,99 Euro pro Minute kostete und am anderen Ende der Leitung nur ein Band lief, mit dessen Hilfe das Telefonat künstlich in die Länge gezogen wurde. Für die Anklagebehörde liegen zweifelsfrei Täuschungsabsicht und Bereicherungsvorsatz vor – die Kosten für die über Mehrwert-Nummern abgewickelten Gespräche bescherten “Friedrich Müller” stattliche Einkünfte.

Staatsanwältin ohne genaue Zahlen

Als Richterin Eva Brandstetter Ende 2007 den Akt als Verhandlungsrichterin zugeteilt bekam, leitete sie ihn umgehend zu ergänzenden Erhebungen an die Staatsanwaltschaft zurück. Als sie nun fast sieben Jahre später im Egon Schiele-Saal die Strafsache neuerlich aufrief, geschah Wundersames. Staatsanwältin Susanne Kerbl-Cortella modifizierte sogleich die Anklage und schränkte den Tatzeitraum auf die Jahre 2000 bis 2004 ein.

In der Anklageschrift endet dieser mit dem Jahr 2006. Hinsichtlich der Schadenssumme, um die es in der Verhandlung gehen wird, meinte Kerbl-Cortella, diese liegen jedenfalls jenseits der 50.000 Euro-Grenze. Die genaue Höhe sei “noch festzustellen”. “Da frage ich mich, was in den sieben Jahren geschehen ist”, warf Gunther Gahleithner, einer der Verteidiger, ein.

Vorarlberger freigesprochen

Neben Gerhard Bruckberger, der als Vorstandsvorsitzender der Firmegruppe fungierte, müssen sich auch sein 69-jähriger Onkel – bis Mai 2003 Vorsitzender des Aufsichtsrats -, ein mittlerweile pensionierter Wachmann, der nebenbei für “Friedrich Müller” als “ehrenwerter Gewinn-Juror” auftrat, wie er in den Werbe-Prospekten genannt wurde, sowie der ehemalige Leiter des Finanzwesens verantworten.

Letzterer wurde allerdings nach 30-minütiger Verhandlung und einer Kurzzeit-Befragung, in der er versicherte, er habe von der Abwicklung der Gewinnspiele und der Gestaltung der Werbe-Mittel nichts mitbekommen und die Einnahmen aus den Mehrwert-Nummern auch nicht verbucht – rechtskräftig freigesprochen, nachdem er sieben Jahre auf sein Verfahren gewartet hatte. “Sie können nach Vorarlberg zurückfahren”, beschied ihm die Richterin unter Anspielung auf seine Herkunft.

Langes Verfahren zu erwarten

Auf die verbliebenen drei Angeklagten dürfte eine ausgedehnte Verhandlung zukommen, die vorerst bis Ende Oktober anberaumt ist. Die Staatsanwältin kündigte zahlreiche Beweisanträge an. Alle drei Tatverdächtigen bekannten sich “nicht schuldig”. Gerhard Bruckberger betonte einmal mehr, es liege kein Betrug vor, da er keine Täuschungshandlungen gesetzt habe.

Es gebe auch keine Geschädigten. Die Werbe- und Gewinn-Verständigungen wären im Vorhinein von Sachverständigen geprüft und als rechtens befunden worden.

Ein Vorschlag der Verteidigung

In Bezug auf den angeblich eingetretenen Schaden zog Verteidiger Gahleithner den Abschlussbericht des Bundeskriminalamts hervor. Hinsichtlich der Mehrwert-Nummern sei da von 23 Geschädigten und einer Gesamtsumme von 3.316,78 Euro die Rede, 1.344,61 Euro sei der Schaden aus dem “Jackpot”-Gewinnspiel. “Wenn’s darauf ankommt, dann spendieren Kollege Eichenseder und ich das Geld und machen das Verfahren zunichte”, stellte Gahleitner fest.

Bruckbergers mitangeklagter Onkel erklärte, er wäre 2002 Vater eines Buben geworden und habe sich danach in die Dominikanische Republik zurückgezogen. Er sei nur mehr zu den vierteljährlichen Aufsichtsratssitzungen nach Österreich gereist und im Frühjahr 2003 gänzlich ausgeschieden. Er habe also nicht mehr viel mitbekommen.

Fescher 65-Jähriger als Juror

Der Drittangeklagte – ein inzwischen 65-Jähriger, der im Anklagezeitraum hauptberuflich bei einem Wachdienst beschäftigt war – fungierte für “Friedrich Müller” als “Gewinn-Juror”. Sein Foto war auf den Gewinn-Benachrichtungen abgebildet, er sei auch kreuz und quer durch Europa gefahren und als Juror aufgetreten, räumte Verteidiger Gahleithner ein: “Er war ein fescher Bursch. Nicht grad ein Unterhosen-Modell, aber er ist gut angekommen und hat halt sein Bild hergegeben. Ansonsten hat er keine Ahnung g’habt und war überzeugt, dass alles rechtens ist.” (APA)

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