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Frieden in Sri Lanka zum Greifen nah

Ein Waffenstillstand zwischen den „Befreiungstigern“ und Regierungstruppen hält schon seit Februar. Am 16. September beginnen Verhandlungen über dauerhafte Lösungen.

Frieden liegt in der Luft in Sri Lanka, zum ersten Mal seit fast 20 Jahren. Seit 1983 wurden 69.000 Menschen im Kampf der LTTE für einen eigenen Tamilen-Staat getötet, nun könnte die Zeit des Bombenterrors und des Mordens, der Offensiven und Gegenoffensiven endlich zu Ende gehen.

Der Erfolgsdruck auf beiden Seiten ist groß. Der als Fanatiker geltende LTTE-Anführer Velupillai Prabhakaran scheint eingesehen zu haben, dass er in Zeiten des weltweiten Kampfes gegen den Terror nicht so weitermachen kann wie bisher. Seine Selbstmordkommandos richteten immer wieder Massenmorde unter Zivilisten an, er schickte Kindersoldaten für sich in den Krieg und er regierte die von ihm kontrollierten Gebiete mit harter Hand und Willkür.

Kaum jemand leugnet, dass der Konflikt mit der Unterdrückung der überwiegend hinduistischen Tamilen begann. Sie machen eine Minderheit von 18 Prozent aus, gegenüber 74 Prozent Singhalesen, von denen die meisten Buddhisten sind. Die Rivalität zwischen den beiden Gruppen bestand immer, die Briten vertieften sie, und nach der Unabhängigkeit benachteiligte die Regierung die Tamilen seit den 50er Jahren.

Außerdem klagten Tamilen im Norden des Inselstaates seit Jahren, die Armee führe sich wie die Besatzungsmacht eines fremden Landes auf. Aber auch die LTTE hat sich diskreditiert und kann es sich nicht leisten, die von Norwegen vermittelten Friedensgespräche scheitern zu lassen. Und die Regierung von Premierminister Ranil Wickremesinghe braucht ebenfalls den Erfolg. Denn die Bevölkerung ist den Krieg schon lange leid und genießt bereits die ersten Früchte des Friedens.

Die Leute können wieder reisen zwischen den vorwiegend von Tamilen bewohnten Gebieten im Norden und Osten und dem Rest des Inselstaates. Tägliche Meldungen über Tote gibt es nicht mehr. Der Staat kann sich davon erholen, dass 25 Prozent seines Etats für den Krieg verloren gingen. Die Wirtschaft schöpft Hoffnung. Und die Tourismusbranche, zuletzt getroffen vom LTTE-Überfall auf den Flughafen von Colombo im vergangenen Jahr, erwartet die Rückkehr sonnenhungriger Ausländer.

Der Frieden ist allerdings noch längst nicht gewonnen, die Harmonie alles andere als ungetrübt. Im Lager der tamilischen Parteien beansprucht die LTTE schon das Alleinvertretungsrecht, und auf Seiten der Regierung ziehen Präsidentin Chandrika Bandaranaike Kumaratunga und Premierminister Wickremesinghe nicht an einem Strang.

Das liegt nicht nur daran, dass sie zu gegnerischen Parteien gehören – Wickremesinghes Nationale Front UNF möchte sich mit dem Durchbruch zum Frieden schmücken, während Kumaratungas Volksallianz PA für diesen Fall ein langes Oppositionsdasein befürchtet.

Es liegt vor allem an den Erfahrungen, die Kumaratunga gemacht hat. Kurz nach ihrem Amtsantritt hatte sie 1995 gehofft, mit der LTTE Frieden schließen zu können und war von Prabhakaran bitter enttäuscht worden. 1999 versuchte Prabhakaran gar, Kumaratunga mit einer Bombe ermorden zu lassen. Sie überlebte, verlor aber dabei ein Auge.

Kumaratunga war dagegen, das Verbot der LTTE schon vor dem Beginn der Verhandlungen aufzuheben. Wickremesinghe tat es dennoch und schlug vor, die LTTE an einer Übergangsverwaltung der Tamilen-Regionen zu beteiligen, was Kumaratunga für verfrüht hält. Denn noch hat die LTTE nicht einmal die Forderung nach einem eigenen Staat aufgegeben. Für Kumaratunga kommt dies nicht in Frage. „Wir diskutieren nicht darüber, unser kleines Land zu teilen“, sagt sie schon seit Jahren.

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