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Fremd sein selber erfahren

Dornbirn - ­Wenn sie bei ihr zur Tür hereinkommen, haben die Flüchtlinge das Ärgste hinter sich. Ihr Antrag auf Asyl wurde angenommen. Sie halten den grauen, auf fünf Jahre befristeten Pass der Konventionsflüchtlinge in Händen.

Sie sind nun Österreichern gleichgestellt. Judith Schwald und ihre sieben Mitarbeiter weisen ihnen den Weg: Raus aus der Grundversorgung der Caritas und rein in die Sozialhilfe. „Wir suchen mit ihnen Wohnungen, wenn sie das wollen.“ Die meisten kommen doch aus Sammelunterkünften. Und erleben in der Herbergssuche neutestamentliche Dimensionen: „Oft genug hören wir am Telefon: Nein, Ausländer wollen wir nicht.“ Dann suchen Schwald und ihre Kollegen eben weiter.

Fremd sein erfahren

Warum tut sie das? Vielleicht, weil der geborenen Judith Collini das Fremd-Sein nicht fremd ist. „Mein Großvater Giovanni ist aus dem Trentino zugewandert.“ Und hat prompt seinen Namen in Johann verwandelt. Judiths Vater sprach kein Wort Deutsch, als er zum ersten Mal zur Schule ging „und wurde gehänselt.“ Noch heute sieht Judith an Flüchtlingen, „wie sie das hemmt zu lernen, wenn das Umfeld perfektes Deutsch erwartet, indessen sie erst am Anfang stehen“. Judith Schwald ist selber „leider nicht zweisprachig aufgewachsen“. Vielleicht auch, weil sich ihre Familie bemühte, „möglichst zur Hohenemser Gesellschaft dazu zu gehören“. Im Übrigen reist sie gern. Andere Sitten haben Judith Schwald seit je her interessiert. „Schließlich gibt es nicht nur ein Modell, um danach zu leben.“ Zuletzt hat sie in einer zehnköpfigen Gruppe Ende 2009 Mali bereist. Der Binnenstaat in Westafrika ist bettelarm. 80 Prozent der 14 Millionen Einwohner sind Analphabeten. 2003 belief sich der Anteil der Bevölkerung mit weniger als einem US-Dollar Einkommen pro Tag auf 73 Prozent. Und doch hat Schwald gestaunt, wie gut die arbeitsteilige Gesellschaft funktioniert. „Ziemlich irritierend“ indes fand sie Entwicklungshilfe, deren Millionen versickern, „weil den Menschen keine Mitsprache gewährt wird“. Weil hier Entwicklungshilfe für die Armen statt mit ihnen gestaltet wird.

Betroffene einbinden

Diesen Fehler will sie nicht machen. Seit Kurzem leitet Judith Schwald das Betreuungsangebot der Caritas für Konventionsflüchtlinge. „Etwa 1000 leben derzeit in Vorarlberg.“ Genauer kann das Judith Schwald nicht sagen, „weil die anerkannten Flüchtlinge bei uns nicht meldepflichtig sind“. Die Caritas offeriert ihnen Begleitung in ihr neues Leben. Ob sie das Angebot annehmen, entscheiden sie selber. Täglich sprechen zehn Konventionsflüchtlinge im Caritas-Büro nahe dem Feldkircher Bahnhof vor. Finden keine Wohnung, suchen vergeblich Arbeit, haben Schwierigkeiten, ihre einst erworbenen Ausbildungen nostrifizieren zu lassen. Es ist ein mühsames Geschäft. Aber sie tut es gern, weil Judith Schwald weiß, dass Integration klappen kann. „Bewusstseinsbildende Maßnahmen“ täten ihr zufolge Not, „auf beiden Seiten.“ Weil Asylwerber gerade dieser Tage weitläufig mit Verbrechern gleichgesetzt werden. Dabei haben sie nicht aus Jux und Tollerei Syrien, Irak oder die russische Föderation verlassen. Waren nicht zum Spaß teils Monate lang unterwegs. Ständig gefährdet. Auf verschlungenen Pfaden. Niemand tut sowas freiwillig. Am Ende des Weges warten Menschen wie Judith Schwald, und das ist gut so.

Wenn sie bei ihr zur Tür hereinkommen, haben die Flüchtlinge das Ärgste hinter sich. Ihr Antrag auf Asyl wurde angenommen. Sie halten den grauen, auf fünf Jahre befristeten Pass der Konventionsflüchtlinge in Händen. Sie sind nun Österreichern gleichgestellt. Judith Schwald und ihre sieben Mitarbeiter weisen ihnen den Weg: Raus aus der Grundversorgung der Caritas und rein in die Sozialhilfe. „Wir suchen mit ihnen Wohnungen, wenn sie das wollen.“ Die meisten kommen doch aus Sammelunterkünften. Und erleben in der Herbergssuche neutestamentliche Dimensionen: „Oft genug hören wir am Telefon: Nein, Ausländer wollen wir nicht.“ Dann suchen Schwald und ihre Kollegen eben weiter.

Fremd sein erfahren

Warum tut sie das? Vielleicht, weil der geborenen Judith Collini das Fremd-Sein nicht fremd ist. „Mein Großvater Giovanni ist aus dem Trentino zugewandert.“ Und hat prompt seinen Namen in Johann verwandelt. Judiths Vater sprach kein Wort Deutsch, als er zum ersten Mal zur Schule ging „und wurde gehänselt.“ Noch heute sieht Judith an Flüchtlingen, „wie sie das hemmt zu lernen, wenn das Umfeld perfektes Deutsch erwartet, indessen sie erst am Anfang stehen“. Judith Schwald ist selber „leider nicht zweisprachig aufgewachsen“. Vielleicht auch, weil sich ihre Familie bemühte, „möglichst zur Hohenemser Gesellschaft dazu zu gehören“. Im Übrigen reist sie gern. Andere Sitten haben Judith Schwald seit je her interessiert. „Schließlich gibt es nicht nur ein Modell, um danach zu leben.“ Zuletzt hat sie in einer zehnköpfigen Gruppe Ende 2009 Mali bereist. Der Binnenstaat in Westafrika ist bettelarm. 80 Prozent der 14 Millionen Einwohner sind Analphabeten. 2003 belief sich der Anteil der Bevölkerung mit weniger als einem US-Dollar Einkommen pro Tag auf 73 Prozent. Und doch hat Schwald gestaunt, wie gut die arbeitsteilige Gesellschaft funktioniert. „Ziemlich irritierend“ indes fand sie Entwicklungshilfe, deren Millionen versickern, „weil den Menschen keine Mitsprache gewährt wird“. Weil hier Entwicklungshilfe für die Armen statt mit ihnen gestaltet wird.

Betroffene einbinden

Diesen Fehler will sie nicht machen. Seit Kurzem leitet Judith Schwald das Betreuungsangebot der Caritas für Konventionsflüchtlinge. „Etwa 1000 leben derzeit in Vorarlberg.“ Genauer kann das Judith Schwald nicht sagen, „weil die anerkannten Flüchtlinge bei uns nicht meldepflichtig sind“. Die Caritas offeriert ihnen Begleitung in ihr neues Leben. Ob sie das Angebot annehmen, entscheiden sie selber. Täglich sprechen zehn Konventionsflüchtlinge im Caritas-Büro nahe dem Feldkircher Bahnhof vor. Finden keine Wohnung, suchen vergeblich Arbeit, haben Schwierigkeiten, ihre einst erworbenen Ausbildungen nostrifizieren zu lassen. Es ist ein mühsames Geschäft. Aber sie tut es gern, weil Judith Schwald weiß, dass Integration klappen kann. „Bewusstseinsbildende Maßnahmen“ täten ihr zufolge Not, „auf beiden Seiten.“ Weil Asylwerber gerade dieser Tage weitläufig mit Verbrechern gleichgesetzt werden. Dabei haben sie nicht aus Jux und Tollerei Syrien, Irak oder die russische Föderation verlassen. Waren nicht zum Spaß teils Monate lang unterwegs. Ständig gefährdet. Auf verschlungenen Pfaden. Niemand tut sowas freiwillig. Am Ende des Weges warten Menschen wie Judith Schwald, und das ist gut so.

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