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Frauenmordserie: Mückstein forciert Kampagne gegen Männergewalt

Pressekonferenz von Mückstein und Maurer.
Pressekonferenz von Mückstein und Maurer. ©APA/MICHAEL GRUBER
Angesichts der aktuellen Frauenmordserie haben Sozialminister Wolfgang Mückstein (Grüne) und die Grüne Klubobfrau Sigrid Maurer eine Kampagne gegen Männergewalt angekündigt.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz avisierte Mückstein eine Evaluierung und Ausweitung der Angebote der Männerberatungsstellen.

Heuer bereits neun Frauen umgebracht

Dass in den vergangenen vier Monaten neun Frauen von Männern ums Leben gebracht wurden, mache ihn als Vater von zwei Töchtern "traurig und wütend", sagte Mückstein am Sonntag vor Journalisten. "Mord ist Mord ist Mord. Es gibt da keine Grauzone und keinen Interpretationsspielraum", betonte der Minister. In seiner Ordination habe er als Arzt immer wieder verletzte Frauen erlebt, die vorgegeben hätten, die Treppe hinabgestürzt zu sein und dann drei Monate später wieder mit einer Verletzung aufgetaucht seien, weil sie angeblich gegen einen Gegenstand gerannt waren. Aus "Angst und Scham" hätten sie sich nicht getraut, gegen die männlichen Täter Anzeige zu erstatten, auch die Überzeugung, die Familie schützen zu müssen, habe wohl eine Rolle gespielt, berichtete Mückstein, der bis zu seiner Ernennung als Minister für Gesundheit und Soziales in einer Gruppenpraxis in Wien-Mariahilf tätig war.

Mückstein: "Oberste Priorität hat der Opferschutz"

"Oberste Priorität hat der Opferschutz", hielt Mückstein fest. Zugleich müsse man aber "bei Männern ansetzen, bevor es zu Gewalt kommt" und dabei "nicht die Symptome behandeln, sondern die Wurzeln". Das traditionelle Männerbild, das mitunter ein "Hinschlagen, damit man sich durchsetzt" inkludiert, sei überholt. Männer müssten "anerkennen, dass sie Hilfe brauchen, wenn Frustration und Angst in Hass und Aggression umschlagen". Es liege "in der eigenen Verantwortung des Mannes", in solchen Fällen entsprechend zu reagieren: "Wer in diesen Momenten Hilfe sucht, zeigt Stärke und ist dabei, das Problem zu lösen."

Sensibilisierung soll forciert werden

Mückstein und Maurer waren sich einig, dass die bestehenden Opferschutzrechte grundsätzlich ausreichen, um von männlicher Gewalt betroffenen Frauen Schutz zu bieten. Es gehe nun aber darum, Mitarbeiter bei der Polizei, den Staatsanwaltschaften und Gerichten verstärkt in diesem Bereich zu sensibilisieren und den Informationsaustausch zwischen Polizei und Interventionsstellen bzw. Opferschutzeinrichtungen zu verbessern. Bei einem für Montag im Innenministerium anberaumten Sicherheitsgipfel zum Schutz von Frauen und Mädchen werde man besonderes Augenmerk auf so genannte Hochrisikofallkonferenzen legen, die in sämtlichen Bundesländern verankert werden sollen, gab Maurer bekannt.

Es gehe "um potenzielle Täterarbeit, bevor Frauen zu Opfern gemacht werden", bemerkte Maurer zum Grundsätzlichen: "Der Hass gegen Frauen, der zu Mord führt, beginnt oft im Kleinen, bei der Sprache." Dem gelte es zu begegnen, "bevor Hass in Gewalt umschlagen kann". Hier seien die Männerberatungsstellen sowie Präventionsarbeit in den Schulen, insbesondere Berufsschulen gefragt, erläuterte die Grüne Klubobfrau. Klassische Rollenbilder - der Mann als Ernährer und Familienoberhaupt - müssten auf- und durchbrochen werden: "Wir brauchen eine breite Debatte, in allen Schichten."

Über 200 Kulturschaffende starten Aufruf

Über 200 Kunst- und Kulturschaffende haben unter dem Titel "Gegen Gewalt an Frauen. Frauenmorde - Es geht uns alle an" einen Aufruf gestartet, für den ab Montag Unterstützungserklärungen gesammelt werden. Initiiert wurde der Aufruf von Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der IG Autorinnen Autoren. Zu den Unterzeichnenden gehören u.a. die Autorinnen und Autoren Barbara Frischmuth, Marlene Streeruwitz, Alfred Komarek, Doron Rabinovici und Julya Rabinowich.

"Die in den ersten Reaktionen auf den neuerlichen Frauenmord aus Beziehungsgründen ins Gespräch gebrachten Maßnahmen sind zu wenig, um die Ungeheuerlichkeit dieses Frauenmords und aller anderen Frauenmorde allgemein begreiflich zu machen und für die Zukunft zu verhindern. Sie sind zu wenig, um etwas gegen Gewalt an Frauen und Gewalt in der Familie wirksam und nachhaltig zu erreichen", heißt es in dem Schreiben.

Es gehe nicht um Ausnahmefälle und um Nachbesserungen an einem ansonsten gut funktionierenden System, "es geht um eine insgesamt andere als bisher übliche Herangehensweise", so die Unterzeichner weiter. "Wir fordern die klare Verurteilung der Gewalt an Frauen durch alle politischen Repräsentantinnen und Repräsentanten und Parteien, nicht nur durch die Zuständigen in den Parteien und in der Regierung." Weiters gefordert wird eine großangelegte öffentliche Kampagne zur Thematisierung der Gewalt an Frauen sowie eine massive Aufwertung und Unterstützung der Frauenhäuser und verpflichtende Anti-Gewalt-Therapie für gewalttätige Männer. Unter den prominenten Namen finden sich auch die Schauspieler Günter Tolar, Miguel Herz-Kestranek, Adi Hirschal oder Karl Markovics.

(APA/Red)

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