Frauengesundheit: Experten forderten optimale Betreuung
Am Montagnachmittag forderten Experten bei einem Event der Praevenire Gesundheitsinitiative in Wien eine optimale Betreuung. Gesundheitsministerin Korinna Schumann (SPÖ) betonte das Anrecht der Betroffenen auf entsprechende Hilfe.
"Es geht nicht nur um gesundheitliche Fragen. Es geht auch um soziale Fragen. Es geht auch um gesellschaftliche Fragen. Die Frauen wollen Lösungen. Dazu haben sie jedes Recht", sagte Korinna Schumann. Gendermedizin über die vielen unterschiedlichen Lebensphasen der Frauen hinweg sei genauso wichtig wie das Thema der Arbeitswelt, zum Beispiel in der Zeitperiode der Menopause. "Die Phase der Wechseljahre ist kein Wellnessthema." Es gehe darum, Betroffene auch durch diese Lebensphase bestens unterstützt und betreut zu begleiten.
Längeres Leben - Schlechtere Gesundheit
In rund 1.500 Genen des Menschen - knapp 80 davon für die Sexualfunktionen entscheidend - spielen sich die biologischen Unterschiede ab, was die Gesundheit betrifft, so die Wiener Gendermedizin-Spezialistin Alexandra Kautzky-Willer (MedUni Wien).
"Die Männer sterben viel früher. Die Frauen leben länger, aber in schlechterer Gesundheit", erklärte die Ärztin. Von der bei Frauen um fünf Jahre höheren Lebenserwartung im Vergleich zu den Männern entfielen 1,5 Jahre auf die (genetischen) biologischen Unterschiede, dreieinhalb Jahre seien aber auf die Gender-Unterschiede mit auch sozialen, psychischen und gesellschaftlichen Faktoren zurückzuführen.
"Frauen haben einen niedrigeren (Kalorien-; Anm.) Grundumsatz als Männer, einen niedrigeren Nüchternblutzucker, eine höhere Insulinempfindlichkeit und weniger Bauchfett. Aber nur bis zur Menopause", sagte die Internistin. Gerade deshalb sei entscheidend, Frauen im späteren Lebensalter entsprechend zu begleiten. Während gerade mit dem Wechsel Risikofaktoren für chronische und akute Erkrankungen zunähmen, könnten die Kontrolle von Körpergewicht, systolischem Blutdruck, LDL-Cholesterin, Rauchen und Diabetes rund die Hälfte aller Todesfälle, speziell durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, verhindern.
Hormonersatz in aktueller Form weitgehend unbedenklich
"Hormone sind die Botenstoffe des Lebens. Oft werden wir uns der Hormone erst bewusst, wenn wir Imbalancen haben", sagte die Wiener Gynäkologin Ulrike Kaufmann. Im Gegensatz zu jenen Ängsten, welche ab der Jahrtausendwende durch eine große Studie in Sachen Brustkrebsrisiko und Hormonersatz dominiert habe, gebe es bei einer nach dem aktuellen Standard durchgeführten Substitution mit bioidenten Östrogenen und mikronisiertem Progesteron nur eine gering bis nicht erhöhte Gefährdung. Auf der anderen Seite würden 90 Prozent der Frauen mit dem Wechsel über Nervosität und Reizbarkeit, 80 Prozent über einen Leistungsabfall und 60 Prozent über Hitzewallungen klagen.
"Individuell angepasst", "so wenig wie möglich", "so viel wie nötig" und so kurz wie möglich sollten die Leitsätze einer Hormonersatztherapie sein. Der Wiener Gynäkologe und ehemalige Chef der Krankenhäuser der Stadt Wien, Wilhelm Marhold: "Oft fehlt den Frauen 'ein Haucherl' Östradiol (Östrogen-entsprechender Wirkstoff; Anm.)." Früherkennung sei auch bei beginnenden Wechselbeschwerden wichtig. Damit könne man auch unnötige Überweisungen zu Orthopäden etc. samt Verschreibungen von Antirheumatika (Gelenksschmerzen), Analgetika, Psychopharmaka und Schlafmittel samt Patientinnen-Odyssen verhindern.
Der oberösterreichische Allgemeinmediziner und Gründer eines der ersten Primärversorgungszentren Erwin Rebhandl: "Frauengesundheit ist ein ganz zentrales Thema in der Primärversorgung. Entscheidend ist die Gesprächsführung. Die Beschwerden von Frauen im Wechsel werden nämlich oft sehr diffus artikuliert."
Entgegen oft geäußerter Meinungen aus der Vergangenheit, sind aktuell bereits ähnlich viele Frauen wie Männer von akuten Herzinfarkten betroffen. Die Sterblichkeit von Frauen ist höher, betonte der Wiener Kardiologe Georg Delle-Karth. Herz-Kreislauf-Erkrankungen seien keine Männerdomäne mehr.
(APA/Red)