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Französisch-deutscher Gipfel

In einem eindringlichen Appell haben der französische Staatspräsident Jacques Chirac und der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder am Dienstag in Paris vor einem Scheitern der Europäischen Verfassung gewarnt.

Knapp einen Monat vor dem französischen Referendum stellten sie am Dienstag auf einem Gipfeltreffen in Paris die historische Bedeutung des Projekts heraus. „Wer mit ’Nein’ stimmt, macht sich dafür verantwortlich, Frankreich zu schwächen“, sagte Chirac.

Schröder sprach von einer „einmaligen historischen Chance“. Deutschland und Frankreich hätten eine „ganz besondere Verantwortung“ für das Gelingen des europäischen Integrationsprozesses. „Für mich ist das nicht nur eine Sache des Verstandes, es ist längst eine Sache des Herzens geworden“, sagte der Kanzler. Sollte die Ratifizierung der Verfassung scheitern, würde vieles in Frage gestellt und die Mitgliedstaaten geschwächt.

Die Volksabstimmung in Frankreich findet am 29. Mai statt. Die letzten Umfragen ergaben allesamt eine Mehrheit der Gegner. In einer am Dienstag veröffentlichten Ipsos-Erhebung für „Le Figaro“ und den Rundfunksender „Europe-1“ sprachen sich 52 Prozent gegen die Verfassung aus, 48 Prozent befürworteten sie. In Deutschland entscheidet der Bundestag am 12. Mai über die EU-Verfassung. Die Abstimmung im Bundesrat ist für den 27. Mai geplant.

Eine gemeinsame französisch-deutsche Arbeitsgruppe wollte bei dem Gipfeltreffen neue Projekte in den Bereichen Informationstechnologie und Biomedizin präsentieren. Am Nachmittag wollten Schröder und Chirac gemeinsam am Festakt zum 50-jährigen Bestehen der deutsch-französischen Industrie- und Handelskammer teilnehmen.

Im Vordergrund der Beratungen im Elysée-Palast sollte auch die grenzüberschreitende Industriepolitik stehen. Auch der französische Premierminister Jean-Pierre Raffarin nahm an den Spitzengesprächen teil. Parallel setzten sich rund 20 Ministerinnen und Minister aus beiden Ländern zu bilateralen Gesprächen zusammen.

Deutschland und Frankreich haben den syrischen Abzug aus dem Libanon zur Kenntnis genommen, fordern aber eine Überprüfung des Rückzugs „vor Ort“. In einer am Dienstag in Paris veröffentlichten gemeinsamen Erklärung hieß es, beide Länder erwarteten „mit Interesse“ den für den selben Tag angekündigten Bericht von UNO-Generalsekretär Kofi Annan zur Umsetzung der Libanon-Resolution 1559, die den Rückzug aller ausländischen Truppen forderte. Chirac und Schröder würdigten vor der Presse in Paris die mit dem Abzug einhergehende positive Entwicklung.

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