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Frankreich: Mehr EU-Verfassungsgegner

In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts IFOP für das Magazin "Paris Match" haben die Gegner der europäischen Verfassung um weitere vier Prozentpunkte zugelegt.

Laut der Umfrage, für die vom 21. bis zum 23. Mai 873 Personen befragt wurden, wollen bei der Volksabstimmung kommenden Sonntag 54 Prozent gegen das Vertragswerk wählen. Bei der letzten IFOP-Umfrage Anfang Mai wollten 50 Prozent für und 50 Prozent gegen die Verfassung stimmen.

Mehr als drei Viertel der Befragten erklärten sich gewiss über ihre Entscheidung, 22 Prozent denken, dass sie noch Meinung ändern können. Am Montag wurden bereits zwei weitere Umfragen veröffentlicht, in denen das Nein mit 53 Prozent der Wählerabsichten ebenfalls vorne liegt.

Das Europa der gemeinsamen Verteidigung ist ein zentraler Zankapfel zwischen den Befürwortern und den Gegnern der europäischen Verfassung in Frankreich. Die Ersten vertreten die Ansicht, dass ein Nein zur Verfassung die gemeinsame Verteidigung abbremsen würde, während die Verfassungsgegner kritisieren, dass die EU durch die Ratifikation des Grundgesetzes endgültig in die „Umlaufbahn der NATO“ geraten würde. Präsident Jacques Chirac (UMP) begrüßte die Verfassung als „Sockel des Europa der Verteidigung“.

EU-Verfassungsdebatte beflügelt Frankreichs Kommunisten

Durch ihren Kampf gegen die Ratifizierung der europäischen Verfassung hat sich die französische Kommunistenchefin Marie-George Buffet (PCF) nach einer langen Serie von Wahlniederlagen wieder einen Handlungsspielraum im politischen Panorama Frankreichs geschaffen. Ein Sieg des Nein bei der Volksabstimmung vom kommenden Sonntag wäre ein willkommener Aufschwung für die KP, die als einzige große Partei in Frankreich geeint gegen das Vertragswerk Wahlkampf führt. Der Referendums-Wahlkampf entfacht auch erneute Hoffnungen für den Präsidentenwahlkampf von 2007, nachdem Robert Hue im Jahr 2002 mit nur 3,37 Prozent der Wählerstimmen das schlechteste Ergebnis in der Parteigeschichte hinnehmen musste.

„Es ist das erste Mal seit 1983, dass wir wieder punkten“, erklärte die Kommunistenchefin jüngst dem Nachrichtenmagazin „Le Nouvel Observateur“. Für den Politikwissenschafter Francois Platone kann das Referendum tatsächlich „die Chance bieten, sich erneut Gehör zu verschaffen“. „Marie-George Buffet erscheint als eine Sprecherin für das Nein der Linken, und nach der Wahl könnte sie rund um die KP die Linke vereinen“, analysierte Platone in Hinblick auf die Spaltung der sozialistischen Partei (PS), deren Chef Francois Hollande für das Ja Wahlkampf führt, während Altpremier Laurent Fabius, Nummer zwei in der PS, für das Nein eintritt. Gespalten sind im linken Lager auch die Grünen, die teilweise für das ja und teilweise für das Nein eintreten.

Bereits während des Wahlkampfs für die Volksabstimmung hat sich Buffet mit ihren neuen politischen Alliierten umgeben, zu denen der Trotzkist Olivier Besancenot, Sprecher der „Kommunistischen Revolutionären Liga“ (LCR), der sozialistische Senator Jean-Luc Mélenchon (PS), die Grünen-Politikerin Francine Bavay und der globalisierungskritische Bauernführer José Bové zählen.

Bis zu Beginn der Debatte über die EU-Verfassung litten die Kommunisten unter der Regierungsbeteiligung in den Jahren zwischen 1997 und 2002 unter der Leitung des sozialistischen Premiers Lionel Jospin (PS). Buffet selbst war unter Jospin Sport- und Jugendministerin, was es ihr nur noch schwerer machte, nach 2002 eine glaubwürdige Führungsrolle an der KP-Spitze zu erobern. Bereits bei den Regional- und Europawahlen von 2004 feierte Buffet durch ihre klar links verankerte und anti-wirtschaftsliberale Politik erste Erfolge. Bei der Europawahl brachte es die KP unter ihrer Leitung wieder auf 5,2 Prozent der Stimmen. Das war besser als bei der Präsidentenwahl, aber weniger gut als bei der Europawahl von 1999, als sie 6,8 Prozent erhalten hatte.

„Wenn das Nein gewinnt, so wird dies die Linkspolitik ankurbeln“, sagte die KP-Chefin am Montag im Radiosender „France Info“. Nach der Wiederbelebung jener „pluralistischen Linken“ befragt, die von 1997 bis 2002 regiert hatte, meinte Buffet: „Wir brauchen eine Vereinigung der Linken, aber diesmal um ein politisches Programm, das nicht enttäuscht“, sagte die Politikerin und fügte hinzu: „Ich will nicht noch einmal den 21. April 2002 erleben.“ Damals war der links Präsidentschaftskandidat Jospin im ersten Wahlgang vom Rechtsextremisten Jean-Marie Le Pen (Front National/FN) aus dem Rennen geschlagen worden.

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