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Nationalrat: FPÖ mit 50 dringlichen Heeresfragen an "Totengräber" Klug

Strache: Bundesheer braucht Schutz vor Bundesregierung.
Strache: Bundesheer braucht Schutz vor Bundesregierung. ©APA
Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) hat zum Abschluss der Nationalratssondersitzung einen Misstrauensantrag der FPÖ überstanden. Keine andere Fraktion unterstützte die Initiative der Freiheitlichen. Ebenso abgeschmettert wurden unter anderem ein NEOS-Antrag für eine Aussetzung der Wehrpflicht sowie ein Grüner Antrag für die Schließung des Heeresspitals.
NEOS: Wehrpflicht aussetzen
FP-Dringliche zu Heer

Mächtig ins Zeug wirft sich die FPÖ für das Bundesheer. Die Freiheitlichen ließen für Donnerstag eine Sondersitzung des Nationalrats einberufen, in der sie Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) 50 dringliche Anfragen stellten. Besorgnis bei der FPÖ löst dessen Sparpaket aus, könne doch so Österreich seine verfassungsmäßigen Aufgaben nicht mehr erfüllen.

Klug hingegen versicherte in der Beantwortung der “Dringlichen Anfrage”, dass das Bundesheer auch künftig seinen Aufgaben in vollem Umfang wird nachkommen können, zumindest wenn es zu “Sonderinvests” komme, also wenn es Zusatz-Geld für die Aufrüstung von Hubschraubern und die Nachbeschaffung von Fliegern gibt.

FPÖ kritisiert “Totengräber des Bundesheers”

“Heute ist einer der schönsten und glücklichsten Tage meines Lebens”, verkündete Klug gleich zu Beginn seiner immerhin 27-minütigen Rede, womit er freilich die Geburt seiner Tochter meinte und nicht, sich mit Vorwürfen von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, “Totengräber des Bundesheers” zu sein, auseinandersetzen zu müssen. Letzteres tat er mit den gleichen Argumenten wie schon in den vergangenen Wochen.

Klug wiegelt ab

Er habe das Sparprogramm gemäß der Leitlinie vorgenommen, dass die einsatzwahrscheinlichen Aufgaben erfüllt werden können. Darunter versteht Klug den Schutz strategischer Infrastruktur, die Hilfe bei Naturkatastrophen sowie die Abwehr von Cyber-Angriffen.

Einmal mehr machte Klug klar, dass nach den nun vorgenommenen Einsparungen wieder Geld fließen muss, denn ohne Update fliege der “Black Hawk”-Hubschrauber ab 2018 nicht mehr. Die Saab-Flieger und die Alouette-Hubschrauber stünden aus Altersgründen ab 2020 nicht mehr zur Verfügung, peilt der Verteidigungsminister hier Nachbeschaffungen an.

Ihm persönlich “nicht schnell genug gehen” kann ein neues Dienstrecht für das Heer. Genauen Zeitplan nannte Klug dann sicherheitshalber aber doch keinen. Klar gestellt wurde vom Minister, dass kein Bereich von Straffungen ausgenommen sein werde, also auch nicht Zentralstelle, Militärkommanden und Heeressport, so der Ressortchef zu entsprechenden Fragen der Freiheitlichen.

Schüler des Wiener Neustädter Militärgymnasiums mussten von der Besuchergalerie aus zur Kenntnis nehmen, dass ihre Bildungseinrichtung wie bereits angekündigt geschlossen werden soll. Die Einsparungen bei der Militärmusik begründete Klug damit, dass man in allen Bereichen effizienter werden müsse in Zeiten, wo jeder Euro drei Mal umgedreht werde.

Strache: “Bundesheer steht vor Kollaps”

Gar nicht mehr sicher fühlt sich FP-Klubchef Strache: “Das Bundesheer steht vor einem Kollaps und kann seine verfassungsmäßigen Aufgaben nicht mehr erfüllen”, glaubt der Freiheitliche und sieht Klug in der Verantwortung für das “Totsparen” von Sicherheit und Neutralität.

Strache sieht gar einen finsteren Plan hinter dem Agieren des Verteidigungsministers. Der FPÖ-Chef glaubt, dass sich die SPÖ für die verlorene Volksbefragung in Sachen Wehrpflicht rächen wolle. Der nächste Schritt werde der NATO-Beitritt sein. Straches Folgerung: “Das Bundesheer braucht Schutz und Hilfe vor dieser Bundesregierung.”

Konkret warf der FP-Chef Klug vor, im Ministerrat kein Veto gegen die zu niedrige Dotierung seines Ressorts eingelegt zu habe. Wäre Klug ein Verbündeter des Bundesheers, hätte er diesem Budget nie zustimmen dürfen. Nicht nachvollziehen kann Strache, wie der Minister darauf komme, dass man die diversen Bereiche wieder aufstocken könnte, sollte die Bedrohungslage das erfordern: “Krisen brechen rasch aus, nicht mit mehrjähriger Vorlaufzeit.”

SP: FP “polemisch”

FP-Wehrsprecher Mario Kunasek warf dem Verteidigungsminister “Realitätsverweigerung” und den “Ausverkauf der Sicherheit” vor. Aus reinem Spardruck werde ein “Kahlschlag im Sicherheitsbereich” veranstaltet. Kunasek brachte daher einen Misstrauensantrag gegen den Klug sowie den Antrag ein, die Regierung möge noch 2014 ein neues Militärdienstrecht vorlegen.

SP-Sicherheitssprecher Otto Pendl warf der FPÖ in der Debatte über die Dringliche Anfrage vor, ausschließlich “polemisch” zu agieren. Die von der FPÖ abgelehnten Reformen verteidigte Pendl: “Alle Punkte, die jetzt vorgeschlagen sind, sind vom Rechnungshof eingefordert worden”, betonte der SP-Abgeordnete. Und es sei doch eigentlich die FPÖ, die bei jeder Gelegenheit die Umsetzung der Rechnungshof-Vorschläge fordere.

ÖVP: “Aggressionsrhetorik”

Auch ÖVP-Wehrsprecher Bernd Schönegger warf der FPÖ “Skandalisierungs- und Aggressionsrhetorik” vor. Gleichzeitig meldete er aber Bedenken gegen einige Punkte in Klugs Reformkonzept an. So müsse man die Bedenken in Sachen Militärmusik, Militärgymnasium und Flugschule Langenlebarn ernst nehmen. Außerdem müssten auch in Zukunft Verteidigung, Katastrophenschutz und Auslandseinsätze gesichert sein. “Die ÖVP steht für einen Umbau, aber keinesfalls für einen Abbau”, so Schönegger.

Zu wenig weit gehen die Sparpläne dagegen dem Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz. “Das schrottreife Gerät ist auch eine Chance: ab auf den Schrottplatz mit sämtlichen Panzern und Panzerhaubitzen, damit Platz für etwas Neues ist”, forderte er. Die Militärmusik sollten aus seiner Sicht die Länder zahlen. Und die von Klug geforderten zusätzlichen 200 Mio. Euro für Investitionen lehnt Pilz ab, so lange nicht auch die Eurofighter (“freiheitliche Parteiflugzeuge”) stillgelegt werden.

“Existenzkrise” und Angst vor “Straßenschlachten”

Team Stronach-Klubchefin Kathrin Nachbaur befürchtet, dass das Bundesheer die Landesverteidigung nicht mehr garantieren kann. “In Anbetracht des Terrors” müsse sich Österreich aber wehren können. Zumal die “verfehlte Einwanderungspolitik” auch “Straßenschlachten und kriegerische Auseinandersetzungen” aus dem Ausland importiert habe.

Christoph Vavrik von den NEOS sieht das Bundesheer wegen der “systematischen Budgetkürzungen” in einer “Existenzkrise”. Er warf der ÖVP “Zynismus und Gleichgültigkeit” gegenüber dem Ergebnis der Bundesheer-Volksbefragung vor: “In den nächsten Jahren sind Investitionen dringend notwendig, um das Bundesheer in seiner Leistungsfähigkeit zu erhalten.” (APA/red)

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