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Fotografie-Interview: "Man steht vor den Polizisten und kommt nicht weiter"

Georg Hochmuth steckt auch hinter diesem Foto.
Georg Hochmuth steckt auch hinter diesem Foto. ©APA/GEORG HOCHMUTH (Symbolbild)
Der Welt-Foto-Tag geht heute über die Bühne. Georg Hochmuth beschreibt im Interview seine Erlebnisse als Fotograf und spricht dabei über Skifahren, Demonstrationen und den Terror-Anschlag in Wien.

VIENNA.at: Wir beginnen mit einem Bild von Ihnen, das Marcel Hirscher zeigt. Sie meinten darüber, es ist „eher ein 08/15 Foto“. Wieso?

Georg Hochmuth: Das ist der Nachtslalom in Schladming und die Fotografen versuchen, das Bild immer mit ein bisschen Gegenlicht zu machen. Deswegen sind auch die Lampen im Hintergrund. Es gibt immer zwei bis drei Stellen, wo man das machen kann. Da kommen dann alle Fotografen zusammen und warten, bis die Slalomläufer runterfahren. Dann muss man nur noch auf den richtigen Moment warten und den Auslöser drücken. Das war es eigentlich. Es ist ein schönes Bild. Es ist wirklich ein wunderbares Bild, nur es ist ein Bild, das jeder Fotograf macht, der dort steht.

©APA/Georg Hochmuth

Ein anderes Foto von Ihnen zeigt sechs Männer, die mit einem Kunstwerk beschäftigt sind. Sie haben im Vorfeld dieses Interviews von einer Auszeichnung für dieses Bild berichtet. Worum ging es dabei?

Das war die Vorbereitung zu einer Ausstellung zu Diego Velazquez im Kunsthistorischen Museum. Da sind gerade die Bilder angeliefert worden und die Männer, die auf dem Foto sind, haben die Bilder ausgepackt und waren gerade dabei, das Bild aufzuhängen. Ich habe mit meinem Redakteur gemeinsam diese Vorbereitungen besucht und habe schon gesehen: Da entwickelt sich jetzt ein Foto. Ich habe so lange dort gewartet, bis sie wirklich das Bild ausgepackt, hochgehoben und aufgehängt haben. Das Besondere an dem Bild ist eigentlich die Symmetrie. Die Männer sind mit diesen weißen T-Shirts eigentlich ziemlich einheitlich angezogen, heben das Bild mit den Handschuhen nach oben und versuchen, es möglichst genau und exakt zu montieren. Links und rechts die Leitern, irgendwie hat das super gepasst.

©APA/Georg Hochmuth

Es finden sich von Ihnen unter anderem auch Bilder von Demonstrationen in der Bundeshauptstadt. Wie sieht für Sie ein gutes Foto einer Demonstration aus?

Ein gutes Foto von einer Demonstration? Das ist immer ein schwieriges Thema, weil es dann auch sehr auf den Moment ankommt. Man ist immer ein bisschen eingezwängt zwischen Demonstranten und Polizisten und in Wahrheit gehört da viel Glück dazu. Das ist nicht unbedingt mein Spezialgebiet, weil es so viel mit Glück zu tun hat. Man steht da, ist eingekeilt und fotografiert das, was man sieht. Aber das war es dann auch schon. Es hat nicht viel mit Komposition oder mit Linien oder Farben zu tun, sondern es passiert einfach alles sehr intuitiv.

©APA/Georg Hochmuth

Hatten Sie da in der Vergangenheit viel oder wenig Glück?

Eine gute Frage, ich finde wenig Glück.

Wieso?

Weil man ein Demonstrationsfoto schnell einmal gemacht hat. Weil man einfach hingeht und es fotografiert, aber es ist so, dass es kaum den Vorstellungen entspricht. Das passiert einfach, man kommt hin und fotografiert das, ohne, dass man Zeit hat zu überlegen, wie es dann wirklich ausschauen soll. Man hat nicht die Ruhe, um ein Bild kompositorisch vorzubereiten.

©APA/Georg Hochmuth

In Wien kam es in der Vergangenheit zu einem Terroranschlag. Wie haben Sie den erlebt?

Das war auch eine eher unerwartete Situation. Im ersten Moment hat es noch geheißen, es gibt eine Schießerei und es ist ein Polizist verletzt. Viel mehr war nicht bekannt und ich bin hingefahren und habe eigentlich noch nichts darüber gewusst. Erst wie ich dort vor Ort war und die Polizeimannschaften und die Anzahl der Polizisten, die sich da vor mir aufgebaut haben, gesehen habe, war mir klar, dass das eine große Geschichte ist. Und dann waren auch die Nachrichten schon da, dass es vermutlich ein Terroranschlag ist. Da ist es eine ähnliche Situation. Man steht vor den Polizisten und kommt nicht weiter. Es ist so, dass alles abgesperrt ist und ich bin auch nicht bereit, nur für ein gutes Foto mein Leben zu riskieren. Es war ja nicht klar, was wirklich los ist. Also es hat noch niemand gewusst, wie viele Leute das sind oder was da wirklich genau passiert. Ich bin da, auch bei den Demonstrationen, eher zurückhaltend.

APA/GEORG HOCHMUTH

Wie haben Sie am Tag des Terroranschlags nach Motiven gesucht?

Wie gesagt: Gar nicht. Die kommen, die passieren einfach. Das ist wie bei der Demonstration, wo man eigentlich wenig Spielraum hat, sich Motive zu suchen, weil man sich auch nicht bewegen kann. Man lässt die Motive auf einen zukommen. An meiner Stelle, wo ich gestanden bin, hat es nicht viele Motive gegeben.

Sehen Sie sich als Österreichs besten Pressefotografen?

Nein.

Wieso nicht?

Weil ich immer das Gefühl habe, es könnte noch viel besser gehen. Man kommt zu Terminen, macht Fotos und danach schaut man die Fotos am Computer an und dann denkt man sich: Es hätte noch viel besser sein können. Es hätte noch viel aufwändiger gemacht sein können, es hätte noch viel, viel mehr Inhalt haben können, es hätte kompositorisch besser sein können und so weiter. Da gibt es viele Gründe. Ich sehe mich sicher als guten Pressefotografen, aber sicher nicht als den besten.

Auf Ihren Bildern sieht man natürlich, dass Sie recht viel mit Menschen zu tun haben. Hatten Sie in der Corona-Zeit Angst, sich selbst anzustecken?

Nein.

Wieso nicht?

Angst ist das falsche Wort. Ich war immer relativ vorsichtig und habe selbst immer eine Maske getragen und die Hände desinfiziert. Ich habe versucht, den Leuten nicht so nahe zu kommen. Und wenn das mal auf einer Demonstration der Fall war, weil dort die Menschenmassen so nahe kommen, weil man auch so eingezwängt ist zwischen den Menschen, dann war das so, dass ich an den nächsten zwei Tagen immer testen gegangen bin. So, dass mir dann ziemlich klar war: Okay, das Testergebnis ist negativ, alles ist gut.

APA/GEORG HOCHMUTH

(Red)

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