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Fortsetzung von Rot-Grün aussichtslos

Eine Fortsetzung der rot-grünen Koalition nach der Bundestagswahl in Deutschland ist das erklärte Wahlziel beider Parteien. Doch die Umfragen sprechen eine andere Sprache.

Experten halten dies angesichts der aktuellen Umfragen aber für unwahrscheinlich, auch wenn es sich nach ihrer Ansicht um eine grundsätzlich tragfähige Verbindung handelt. „Die Koalition mit Bündnis 90/Die Grünen hat sich bewährt“, heißt es im Regierungsprogramm der SPD für die kommende Legislaturperiode. „Wenn das Wahlergebnis es erlaubt, setzen wir sie fort.“ Bei den Grünen heißt es: „Wir wollen die erfolgreiche rot-grüne Politik fortsetzen.“

„Ausgeschlossen“, sagt Hans Vorländer, Politikprofessor an der Universität Dresden dazu. „Fast ausgeschlossen“, meint sein Düsseldorfer Kollege Ulrich von Alemann. „Da müsste viel passieren“, glaubt Meinungsforscher Klaus-Peter Schöppner von Emnid. In den jüngsten Umfragen liegt die Union zwischen 38 und 42 Prozent, die FDP in den meisten Umfragen bei neun Prozent. Die SPD kommt auf 33 bis 36, die Grünen bei sechs bis sieben Prozent. Mit diesen Werten würden SPD und Grüne bei der Wahl am 22. September keine Mehrheit der Mandate im Bundestag erreichen.

Die Experten sehen auch kaum mehr Chancen, dass sich diese Lage in den noch verbleibenden Wochen zu Gunsten von Rot-Grün ändern wird:
„Diese Aufholjagd können sie nicht mehr schaffen“, meint Vorländer. „Es gibt kein Ereignis mehr, dass irgendwie begründet Aussicht eröffnet für Rot-Grün.“ Schöppner sieht die Lage ähnlich: „Die Regierung hat das Problem, dass sie kein Bauchthema hat.“ Das aber sei nötig, um die Wähler zu einer Fortsetzung von Rot-Grün zu bewegen, meint er mit Blick auf die emotionale Mobilisierung der Wähler.

Wenn die Wähler Rot-Grün keine Mehrheit geben, würde unter der Vielzahl der theoretisch möglichen Konstellationen eines der tragfähigeren Modelle ausgeschlossen, meinen die Experten. Die Pläne von SPD und Grünen seien aufgrund der schon in der laufenden Amtszeit erfahrenen Zwänge zur Bescheidenheit und der gemeinsamen Ziele machbarer als andere, meint Gero Neugebauer, Politologe an der Freien Universität Berlin. „Unter dem Aspekt ’Was ist finanzierbar? Was ist machbar?’ wäre Rot-Grün die Koalition mit der größten Vereinbarkeit.“

Dagegen dürften auch die Unterschiede nicht sprechen, die beide Parteien nach Schöppners Beobachtung im Wahlkampf betonen: „SPD und Grüne versuchen im Moment, sich auf ihre Stammwähler zu konzentrieren, und nehmen damit zum Teil konträre Positionen ein.“ In anderen Konstellationen, etwa einer „Ampel“ oder sozialliberalen Koalition, seien Programme und Koalitionswünsche der Anhänger viel weiter auseinander.

Bei der für unwahrscheinlich gehaltenen Fortsetzung würden nach Einschätzung der Experten auch die typischen Konflikte um Personen und Ämter eine geringere Rolle spielen als in anderen Konstellationen, weil wichtige Besetzungen und Strukturen schon aus der ersten Amtsperiode vorgegeben wären. Neben Schröder könnten ihrer Meinung auch Außenminister Joschka Fischer (Grüne) und Innenminister Otto Schily und Finanzminister Hans Eichel (beide SPD) als gesetzt gelten. Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) hat Medienberichten widersprochen, wonach er nach einem Wahlsieg wieder Fraktionschef werden wolle.

Umbesetzungen auf anderen Posten mit dem Ziel einer Verjüngung des Kabinetts halten die Experten für möglich. Da sie Rot-Grün aber für so unwahrscheinlich halten, sehen sie darin aber rein theoretische Fragen.

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