Im Rahmen der Pressekonferenz des Football-Verbandes trafen sich die Trainer und Manager der höchsten österreichischen Spielklasse. Die Expertendichte im “Haus des Sports” auf der Prinz-Eugen-Straße war höher als die vielzitierte Leistungsdichte der Liga. In diesem Punkt sind sich alle Experten einig: Die vier Topteams der AFL sind auf Augenhöhe, die Ligadichte ist so hoch wie nie zuvor. Jeder kann jeden schlagen.
Liga-Reform
Nachdem allerdings in den vergangenen Jahren die Lücke zwischen den Spitzenteams in der Austrian Football League und den Teams der zweiten Spielklasse immer größer wurde, soll eine neu eingeführte “Interdivision” dieses Loch schließen. Gebildet wird diese Interdivision aus den Hohenemser Blue Devils und den Carinthian Black Lions, den beiden schwächsten AFL-Teams der vergangenen Jahre. Diese werden in der kommenden Saison sowohl gegen die großen Teams aus der AFL, als auch gegen die zweitklassigen Mannschaften aus der Division I antreten. “Der neue Modus soll die Teams der Division I an die AFL heranführen”, erklärte AFBÖ-Präsident Michael Eschlböck die “schräge Lösung”.
“Local Heroes”
Die Klubs einigten sich auf eine Reduktion der Importspieler (Legionäre) von sechs auf vier pro Mannschaft. Damit reduzieren sich einerseits die Kosten, andererseits steigt natürlich der Druck auf die Nachwuchsprogramme der Teams. Die neue Richtlinie komme außerdem beim Publikum gut an, meint etwa Daniel Dieplinger, Manager des regierenden Europa-Champions Raiders Tirol. “Das wollen die Leute sehen: Local Heroes. Florian Grein (Runningback der Raiders, Anm.) beispielsweise ist mit Sicherheit einer der besten Spieler auf dieser Position in ganz Europa. Warum sollten wir da einen Importspieler holen?”
Was ist von den Teams 2009 zu erwarten? Vienna Online sprach mit den Experten über die Erwartungen an die neue Saison.
Raiffeisen Vikings: Der reanimierte Riese
Auf alten Lorbeeren schläft es sich schlecht. In der Vorsaison schlummerte der violette Riese aus Wien vor sich hin und blieb erstmals seit Jahren ohne Titel. Das Management startete die Wiederbelebung mit radikalen Änderungen: Ein professionelles Fitness-Programm wurde ins Leben gerufen, bis auf Runningback Josiah Cravalho wurden alle Importspieler ersetzt. Die Wiener setzen auf den Hunger der Jugend. In Zusammenarbeit mit dem Stadtschulrat und der Wiener Austria entstand eine “violette Schule” in Favoriten. Ein Oberstufenrealgymnasium wird ab September 12 Football- und 16 Fußball-Nachwuchshoffnungen aufnehmen.
Mangel an Talent besteht in Wien aber ohnedies nicht. “Wir haben viele junge Spieler an Bord, sie müssen sich jetzt beweisen. Dafür haben sie in der Vorbereitung geschuftet”, erzählt Headcoach Chris Calaycay. “Es war wichtig, dass wir wieder ein Team werden. Das Fitness-Programm war ein wichtiger Faktor für das Team-Building.” Die neuen Importspieler seien sehr talentiert und noch dazu “great guys”, sagt Calaycay. Der große Umbau betrifft auch den Headcoach selbst. Calaycay kümmert sich in dieser Saison um die Defensive, als Offensive Coordinator lässt er Trainer-Neuzugang Vince Lelard werken. Lelard (ehemaliger Headcoach von Paris Flash) baut die Offensive rund um die österreichischen Quarterbacks auf. Erstmals wird ein österreichisches Team mit einem Inländer auf dieser Schlüsselposition in die Saison starten. Philipp Jobstmann und Chris Gross stehen bereit.
Turek Graz Giants: Titelverteidiger und Favorit
Der regierende österreichische Meister aus Graz nahm nur kosmetische Veränderungen im Team vor und geht als Favorit ins Titelrennen. Headcoach Rick Rhoades hat seine Importspieler behalten – er kann auf eine eingespielte Truppe zählen. “Dass wir mit Chris Gunn unseren Quarterback behalten haben, könnte sich als Vorteil erweisen”, meint Rhoades. “Wir hatten in der Vorbereitung viele Verletzungen, das macht es nicht leichter. Aber wir werden kämpfen.” Die aggressive Spielweise war es auch, die den Steirern im Vorjahr den Titel bescherte.
Derzeit grübelt der Headcoach über das Erfolgsrezept für 2009: “Im Augenblick sind wir noch auf der Suche nach unserer Identität. In den ersten zwei oder drei Wochen wird sich erst herauskristallisieren, welche Spielphilosophie uns heuer entgegenkommen wird.”
Swarco Raiders Tirol: Die Herausforderer
Nachdem die Raiders im Vorjahr die Eurobowl gewannen und in der Staatsmeisterschaft erst im Finale an den Giants scheiterten, sind die Ziele für 2009 kein Geheimnis. Manager Daniel Dieplinger: “Unser erklärtes Ziel ist der AFL-Titel.” Ein runderneuertes Team soll die Staatsmeisterschaft nach Innsbruck holen.
Santos Carillo, der im Vorjahr unter Geoff Buffom (ging zurück in die USA) noch Defense Coordinator war, stieg zum neuen Headcoach auf. Neuer Quarterback ist der 30-jährige US-Amerikaner Jason Johnson, der im Vorjahr mit dem neuen Receiver Matthew Epperson (26) in Catania (Italien) spielte. “Im Angriff werden wir passorientiert und offensiv auftreten. Johnson ist ein exzellenter Werfer”, eröffnet Dieplinger. Die Raiders werden nach der EURO-bedingten Ausweichlocation Wattens heuer ihre Heimspiele wieder im Innsbrucker Tivoli-Stadion austragen. Die Kooperation mit dem FC Wacker verlaufe “brüderlich und ausgezeichnet”.
Danube Dragons: Keine Überraschung mehr – oder doch?
Im Vorjahr kam die Leistungexplosion der Dragons aus Korneuburg für viele überraschend. Heuer zählen die grünen Drachen zu den vier Topteams. Headcoach Ivan Zifko musste allerdings 20 neue Spieler integrieren: “Zu den Topteams fehlt uns noch ein Stück. Dieses Jahr wird sich zeigen, ob wir unseren Fortschritt bestätigen können. Jedes einzelne Spiel ist für uns entscheidend.”
Fehlt den Dragons 2009 das Überraschungsmoment? Nicht unbedingt, meint Zifko: “Wenn wir von Spiel zu Spiel denken und uns stetig verbessern, kann auch der Titel drin sein.” Das wäre allerdings eine Überraschung.
Cineplexx Blue Devils: Klein aber charakterfest
Mit blauen Teufeln kennt sich Joe Roman aus. Schließlich kommt der neue Headcoach der Blue Devils von den Blue Devils – den Namensvettern aus Hamburg. “Meine Spieler müssen charakterlich in Ordnung sein. Was sie abseits des Spielfelds tun, ist genau so wichtig, wie das, was sie auf dem Feld tun”, sagt der gestandene US-Coach, dem der Ruf eines hervorragenden Defensivkünstlers vorauseilt.
Die Vorarlberger gehen mit einem kleinen Kader in die Interdivision – daneben spielen sie auch in der Europaliga CEFL. Ein dichtes Programm. Dass die Blue Devils “absolut konkurrenzfähig” sein werden, davon zeigt sich Coach Roman überzeugt.
Carinthian Black Lions: Löwen auf Reviersuche
Die Löwen aus Kärnten tragen ihre vier Heimspiele in drei verschiedenen Stadien aus. Klagenfurt, Wolfsberg und Villach sind die wechselnden Heimstätten für die Lions. Das Nomadendasein und der schmale Kader (einige Spieler kommen sowohl in der Offense als auch in der Defense zum Einsatz) machen die Kärntner zu Verfechtern der Interdivision-Lösung. “Die Mannschaft kann sich einerseits mit den AFL-Teams messen, andererseits sind die Spiele gegen die Division I-Teams auch eine Standortbestimmung”, sagt Manager Manfred Mocher.
Im Vorjahr blieben die Kärntner gegen AFL-Teams sieglos. Das soll sich heuer ändern. Mochers Ziele: “Wir wollen nach dem Grunddurchgang fünf Siege haben.” Fünf Siege. Dazu müsste, vorausgesetzt, die Lions gewinnen gegen alle vier Division I-Teams, mindestens ein Sieg gegen eines der vier AFL-Teams gelingen. “Wir sind voll motiviert, auch einen der Großen zu schlagen. Die Mannschaft hat härter denn je trainiert.” Die Lions wollen sich jedenfalls vor den Interdivision-Rivalen aus Vorarlberg platzieren.
AFL-Saisonstart:
Samstag, 28.März, 15 Uhr
Carinthian Black Lions – Danube Dragons
Swarco Raiders Tirol – Turek Graz Giants
Sonntag, 29. März, 15 Uhr
Raiffeisen Vikings – Cineplexx Blue Devils
Martin Ucik