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Flöttl sprang auf Hochrisiko

Der Spekulant Wolfgang Flöttl hatte seine Veranlagungsstrategie der BAWAG-Gelder geändert: Von Beginn der "Karibik-2"-Geschäfte 1995 bis zum ersten großen Totalverlust im Oktober 1998 wechselte er von einer Diversifikationsstrategie, also breit gestreuten Investments, zu Hochrisiko.

Im Sommer 1998 stellte Flöttl seine Finanzierung der Investments auf japanische Yen um, die er dazu noch hoch fremdfinanzierte.”Eine Verstärkung des Risikos bis 1998 ist absehbar”, konstatierte dazu der Sachverständige Fritz Kleiner heute, Montag, im BAWAG-Prozess. Den ganzen Vormittag lang musste Kleiner Fragen des Anwalts von Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner, Wolfgang Schubert, beantworten.

Laut den Verträgen mit der BAWAG sei Flöttl zwar in seiner Veranlagungsstrategie nicht eingeschränkt gewesen, allerdings habe “natürlich” eine Rückzahlungsverpflichtung der von der BAWAG überlassenen Gelder bestanden, so Kleiner. “Warum hat die Bank die Gelder bei Flöttl nicht eingeklagt?” wollte Richterin Claudia Bandion-Ortner vom mitangeklagten Ex-BAWAG-Chef Johann Zwettler wissen. Das habe man damals eben nicht durchgeführt, so der Angeklagte.

Die heutigen Ausführungen des Sachverständigen sind Antworten auf penible Fragen, die Schubert zu dessen Gutachten gestellt hat. Elsners Anwalt will damit nachweisen, dass Flöttl jun. von seiner jahrelang praktizierten Veranlagungsstrategie, die Gelder der BAWAG durch verschiedenste Investments breit zu streuen, plötzlich abgewichen sei und nur dies den Totalverlust im Herbst 1998 verursacht habe. Dies würde den früheren BAWAG-Vorstand hinsichtlich der Untreue entlasten, meint der Anwalt. Die Verträge zwischen Flöttl jun. und der BAWAG seien jedoch nicht problematisch, da diese im wesentlichen auch den “Karibik-1”-Geschäften der BAWAG mit Flöttl jun. (bis 1994) zugrunde lagen und die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) daran nichts Anstößiges gefunden habe.

Unfreundliche Worte gegenüber dem Sachverständigen kamen heute wieder von Elsner, doch nicht der Gutachter Kleiner selber, sondern nur Staatsanwalt Georg Krakow, der im Gerichtssaal genau hinter dem Angeklagten sitzt, reagierte: “Schon wieder wurden beleidigende Bemerkungen von Elsner gemacht, zuletzt hat er gesagt ‘wielange soll ich mir den Schwachsinn noch anhören'”, ließ der Staatsanwalt protokollieren. Richterin Claudia Bandion-Ortner hingegen hatte auf ihrem Platz, nur einige Meter weiter, nichts von dem allen gehört. “Herr Elsner, bitte halten Sie sich zurück, ich hör’s nicht, ich hör’ schlecht offenbar”, meinte sie.

Auch Elsner musste heute übrigens, vor Beginn der Verhandlung, so wie andere Angeklagte seine Fingerabdrücke abgeben. Obwohl er seit seiner Auslieferung aus Frankreich nach Österreich bereits über ein Jahr in Untersuchungshaft sitzt, wurde diese “erkennungsdienstliche Maßnahme” bei ihm offenbar bisher nicht durchgeführt. Über die Hintergründe der Prozedur am 80. Verhandlungstag wurde am Rande der Verhandlung im Gerichtssaal heftig spekuliert: Hartnäckig hielt sich bei Journalisten und Beobachtern der Verdacht, die plötzliche Begehrlichkeit der Sicherheitsbehörden nach den Fingerabdrücken hätte etwas mit dem mysteriösen Aktenfund in Walter Flöttls Keller zu tun – was offiziell von allen Seiten jedoch dementiert wurde.

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